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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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bar. Alles Genie und Talent ist nichts weiter als
Instinct. Nenne mir den Künstler, den Dichter,
der beides nicht aus sogenanntem dunklem Drange
geworden wäre! Wir Andern haben freilich so
bestimmte Fingerzeige nicht in uns, indessen sind fast
jedem Menschen -- vielleicht jedem -- auch ganz feste
Richtungen, unverrückbare Puncte eingeboren, welche
außen oft als Launen, Grillen, Seltsamkeiten, Lieb-
habereien erscheinen, dennoch aber vielleicht auf das
allerfesteste Gesetz der Seele hindeuten. Es sind die-
ses nicht die sogenannten Grundsätze, Maximen, Le-
bensweisen, Gewöhnungen -- das Alles kann angebil-
det und angelernt werden -- nein, was ich meine, ist
etwas ganz Anderes, aber freilich schwer zu beschreiben.

Diese Lichter des innern Menschen sind Halb-
träume des Instincts. Von dem nüchternen Tages-
scheine des Verstandes entscheucht, von der wühlenden
Hand der Selbstbeschauung zerschlagen, wirken sie
nicht so siegreich, wie bei dem Wandervogel und
bei der Biene das unwiderstehliche Muß, glücklich
ist aber derjenige, der die Stimme jener Träume
hört und ihr folgt.

Das Genie wird geboren, sagt man, und dar-
über ist Jeder einverstanden Ich füge hinzu:

bar. Alles Genie und Talent iſt nichts weiter als
Inſtinct. Nenne mir den Künſtler, den Dichter,
der beides nicht aus ſogenanntem dunklem Drange
geworden wäre! Wir Andern haben freilich ſo
beſtimmte Fingerzeige nicht in uns, indeſſen ſind faſt
jedem Menſchen — vielleicht jedem — auch ganz feſte
Richtungen, unverrückbare Puncte eingeboren, welche
außen oft als Launen, Grillen, Seltſamkeiten, Lieb-
habereien erſcheinen, dennoch aber vielleicht auf das
allerfeſteſte Geſetz der Seele hindeuten. Es ſind die-
ſes nicht die ſogenannten Grundſätze, Maximen, Le-
bensweiſen, Gewöhnungen — das Alles kann angebil-
det und angelernt werden — nein, was ich meine, iſt
etwas ganz Anderes, aber freilich ſchwer zu beſchreiben.

Dieſe Lichter des innern Menſchen ſind Halb-
träume des Inſtincts. Von dem nüchternen Tages-
ſcheine des Verſtandes entſcheucht, von der wühlenden
Hand der Selbſtbeſchauung zerſchlagen, wirken ſie
nicht ſo ſiegreich, wie bei dem Wandervogel und
bei der Biene das unwiderſtehliche Muß, glücklich
iſt aber derjenige, der die Stimme jener Träume
hört und ihr folgt.

Das Genie wird geboren, ſagt man, und dar-
über iſt Jeder einverſtanden Ich füge hinzu:

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[326/0334] bar. Alles Genie und Talent iſt nichts weiter als Inſtinct. Nenne mir den Künſtler, den Dichter, der beides nicht aus ſogenanntem dunklem Drange geworden wäre! Wir Andern haben freilich ſo beſtimmte Fingerzeige nicht in uns, indeſſen ſind faſt jedem Menſchen — vielleicht jedem — auch ganz feſte Richtungen, unverrückbare Puncte eingeboren, welche außen oft als Launen, Grillen, Seltſamkeiten, Lieb- habereien erſcheinen, dennoch aber vielleicht auf das allerfeſteſte Geſetz der Seele hindeuten. Es ſind die- ſes nicht die ſogenannten Grundſätze, Maximen, Le- bensweiſen, Gewöhnungen — das Alles kann angebil- det und angelernt werden — nein, was ich meine, iſt etwas ganz Anderes, aber freilich ſchwer zu beſchreiben. Dieſe Lichter des innern Menſchen ſind Halb- träume des Inſtincts. Von dem nüchternen Tages- ſcheine des Verſtandes entſcheucht, von der wühlenden Hand der Selbſtbeſchauung zerſchlagen, wirken ſie nicht ſo ſiegreich, wie bei dem Wandervogel und bei der Biene das unwiderſtehliche Muß, glücklich iſt aber derjenige, der die Stimme jener Träume hört und ihr folgt. Das Genie wird geboren, ſagt man, und dar- über iſt Jeder einverſtanden Ich füge hinzu:

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/334>, abgerufen am 22.11.2024.