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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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und ging die Treppe hinunter über den Hof selbst
nach dem Stalle, wo er den Reitknecht mit den
Pferden fand, der sich keinen Augenblick vom Jagd-
schlosse entfernt hatte.

Hieraus ersah nun mein Vater, daß das Ganze
ein angelegter Plan gewesen sei. Beim Heimreiten
überlegte er den seinigen. Sich von dem gegebe-
nen Worte zurückzuziehen, war unmöglich, denn dann
hätte er wirklich am nächsten Morgen den ganzen
Schwarm vor dem Hause gehabt zu Aengsten
und Schrecken der Mutter. Er beschloß daher die
Jagd wirklich mitzumachen, jedoch sobald als nur
möglich sich zu entfernen, und um sein Abseyn
eine Zeitlang vor den Uebrigen zu verbergen, sei-
nen guten Freund, den Oberjägermeister, dessen fin-
steres Gesicht Mißbilligung der getriebenen Scherze
ausgedrückt hatte, zu ersuchen, daß ihm der ent-
fernteste Stand angewiesen werde, von dem er bei
günstiger Gelegenheit entkommen zu können hoffte.
Um aber für die Zukunft dem Fürsten und der
ganzen Gesellschaft Respect einzuflößen, sollten Tags
darauf schriftliche Erklärungen an die ärgsten Schreier
des Jagdschlosses abgehen, welche diese entweder
einstecken, oder worauf sie zu Pistolen greifen mußten.


und ging die Treppe hinunter über den Hof ſelbſt
nach dem Stalle, wo er den Reitknecht mit den
Pferden fand, der ſich keinen Augenblick vom Jagd-
ſchloſſe entfernt hatte.

Hieraus erſah nun mein Vater, daß das Ganze
ein angelegter Plan geweſen ſei. Beim Heimreiten
überlegte er den ſeinigen. Sich von dem gegebe-
nen Worte zurückzuziehen, war unmöglich, denn dann
hätte er wirklich am nächſten Morgen den ganzen
Schwarm vor dem Hauſe gehabt zu Aengſten
und Schrecken der Mutter. Er beſchloß daher die
Jagd wirklich mitzumachen, jedoch ſobald als nur
möglich ſich zu entfernen, und um ſein Abſeyn
eine Zeitlang vor den Uebrigen zu verbergen, ſei-
nen guten Freund, den Oberjägermeiſter, deſſen fin-
ſteres Geſicht Mißbilligung der getriebenen Scherze
ausgedrückt hatte, zu erſuchen, daß ihm der ent-
fernteſte Stand angewieſen werde, von dem er bei
günſtiger Gelegenheit entkommen zu können hoffte.
Um aber für die Zukunft dem Fürſten und der
ganzen Geſellſchaft Reſpect einzuflößen, ſollten Tags
darauf ſchriftliche Erklärungen an die ärgſten Schreier
des Jagdſchloſſes abgehen, welche dieſe entweder
einſtecken, oder worauf ſie zu Piſtolen greifen mußten.


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[358/0366] und ging die Treppe hinunter über den Hof ſelbſt nach dem Stalle, wo er den Reitknecht mit den Pferden fand, der ſich keinen Augenblick vom Jagd- ſchloſſe entfernt hatte. Hieraus erſah nun mein Vater, daß das Ganze ein angelegter Plan geweſen ſei. Beim Heimreiten überlegte er den ſeinigen. Sich von dem gegebe- nen Worte zurückzuziehen, war unmöglich, denn dann hätte er wirklich am nächſten Morgen den ganzen Schwarm vor dem Hauſe gehabt zu Aengſten und Schrecken der Mutter. Er beſchloß daher die Jagd wirklich mitzumachen, jedoch ſobald als nur möglich ſich zu entfernen, und um ſein Abſeyn eine Zeitlang vor den Uebrigen zu verbergen, ſei- nen guten Freund, den Oberjägermeiſter, deſſen fin- ſteres Geſicht Mißbilligung der getriebenen Scherze ausgedrückt hatte, zu erſuchen, daß ihm der ent- fernteſte Stand angewieſen werde, von dem er bei günſtiger Gelegenheit entkommen zu können hoffte. Um aber für die Zukunft dem Fürſten und der ganzen Geſellſchaft Reſpect einzuflößen, ſollten Tags darauf ſchriftliche Erklärungen an die ärgſten Schreier des Jagdſchloſſes abgehen, welche dieſe entweder einſtecken, oder worauf ſie zu Piſtolen greifen mußten.

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/366>, abgerufen am 14.06.2024.