Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

zerlegten es in mehrere bedenkliche Abschnitte von
viereckter, rundlichter, winklichter Gestalt. Er sprach:
Wo ist das Baumannserbe? Zersplittert und zer-
spellt wurde es in den unruhigen Zeitläuften.
Soll Küsterei darunter leiden? Dem sei nicht so.
Jedennoch, unter ausdrücklichem Vorbehalt aller
und jeder Rechtszuständigkeiten wegen des seit hun-
dert und mehreren Jahren strittigen, vom Oberhofe
erfallenden zweiten Käses, empfange ich und nehme
ich hiemit an auch den einen Käse. Sonach wäre
die Zinsgebühr an Pastor und Küster abgestattet-
und es käme nunmehr der gute Wille.

Dieser bestand in frischgebackenen Rollkuchen,
wovon sechs in den Pastorskorb und zwei in den
des Küsters gelegt wurden. Hiemit war das
ganze Empfangsgeschäft beendigt. Der Küster trat
dem Hofschulzen näher und sagte folgenden dritten
Spruch her:

Die Hühner waren alle sechs richtig,
Und die Käse alle vollwichtig;
Die Eier sind befunden worden frisch,
Und was sich gebührte, stand auf dem Tisch.
Deßhalb der Herr Euren Hof bewahr'
Vor Hungersnoth und Feuersgefahr!
Bei Gott und Menschen ist beliebt,
Wer Gift und Gaben richtig giebt.

zerlegten es in mehrere bedenkliche Abſchnitte von
viereckter, rundlichter, winklichter Geſtalt. Er ſprach:
Wo iſt das Baumannserbe? Zerſplittert und zer-
ſpellt wurde es in den unruhigen Zeitläuften.
Soll Küſterei darunter leiden? Dem ſei nicht ſo.
Jedennoch, unter ausdrücklichem Vorbehalt aller
und jeder Rechtszuſtändigkeiten wegen des ſeit hun-
dert und mehreren Jahren ſtrittigen, vom Oberhofe
erfallenden zweiten Käſes, empfange ich und nehme
ich hiemit an auch den einen Käſe. Sonach wäre
die Zinsgebühr an Paſtor und Küſter abgeſtattet-
und es käme nunmehr der gute Wille.

Dieſer beſtand in friſchgebackenen Rollkuchen,
wovon ſechs in den Paſtorskorb und zwei in den
des Küſters gelegt wurden. Hiemit war das
ganze Empfangsgeſchäft beendigt. Der Küſter trat
dem Hofſchulzen näher und ſagte folgenden dritten
Spruch her:

Die Hühner waren alle ſechs richtig,
Und die Käſe alle vollwichtig;
Die Eier ſind befunden worden friſch,
Und was ſich gebührte, ſtand auf dem Tiſch.
Deßhalb der Herr Euren Hof bewahr’
Vor Hungersnoth und Feuersgefahr!
Bei Gott und Menſchen iſt beliebt,
Wer Gift und Gaben richtig giebt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0392" n="384"/>
zerlegten es in mehrere bedenkliche Ab&#x017F;chnitte von<lb/>
viereckter, rundlichter, winklichter Ge&#x017F;talt. Er &#x017F;prach:<lb/>
Wo i&#x017F;t das Baumannserbe? Zer&#x017F;plittert und zer-<lb/>
&#x017F;pellt wurde es in den unruhigen Zeitläuften.<lb/>
Soll Kü&#x017F;terei darunter leiden? Dem &#x017F;ei nicht &#x017F;o.<lb/>
Jedennoch, unter ausdrücklichem Vorbehalt aller<lb/>
und jeder Rechtszu&#x017F;tändigkeiten wegen des &#x017F;eit hun-<lb/>
dert und mehreren Jahren &#x017F;trittigen, vom Oberhofe<lb/>
erfallenden zweiten Kä&#x017F;es, empfange ich und nehme<lb/>
ich hiemit an auch den einen Kä&#x017F;e. Sonach wäre<lb/>
die Zinsgebühr an Pa&#x017F;tor und Kü&#x017F;ter abge&#x017F;tattet-<lb/>
und es käme nunmehr der gute Wille.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;er be&#x017F;tand in fri&#x017F;chgebackenen Rollkuchen,<lb/>
wovon &#x017F;echs in den Pa&#x017F;torskorb und zwei in den<lb/>
des Kü&#x017F;ters gelegt wurden. Hiemit war das<lb/>
ganze Empfangsge&#x017F;chäft beendigt. Der Kü&#x017F;ter trat<lb/>
dem Hof&#x017F;chulzen näher und &#x017F;agte folgenden dritten<lb/>
Spruch her:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Die Hühner waren alle &#x017F;echs richtig,</l><lb/>
            <l>Und die Kä&#x017F;e alle vollwichtig;</l><lb/>
            <l>Die Eier &#x017F;ind befunden worden fri&#x017F;ch,</l><lb/>
            <l>Und was &#x017F;ich gebührte, &#x017F;tand auf dem Ti&#x017F;ch.</l><lb/>
            <l>Deßhalb der Herr Euren Hof bewahr&#x2019;</l><lb/>
            <l>Vor Hungersnoth und Feuersgefahr!</l><lb/>
            <l>Bei Gott und Men&#x017F;chen i&#x017F;t beliebt,</l><lb/>
            <l>Wer Gift und Gaben richtig giebt.</l>
          </lg><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[384/0392] zerlegten es in mehrere bedenkliche Abſchnitte von viereckter, rundlichter, winklichter Geſtalt. Er ſprach: Wo iſt das Baumannserbe? Zerſplittert und zer- ſpellt wurde es in den unruhigen Zeitläuften. Soll Küſterei darunter leiden? Dem ſei nicht ſo. Jedennoch, unter ausdrücklichem Vorbehalt aller und jeder Rechtszuſtändigkeiten wegen des ſeit hun- dert und mehreren Jahren ſtrittigen, vom Oberhofe erfallenden zweiten Käſes, empfange ich und nehme ich hiemit an auch den einen Käſe. Sonach wäre die Zinsgebühr an Paſtor und Küſter abgeſtattet- und es käme nunmehr der gute Wille. Dieſer beſtand in friſchgebackenen Rollkuchen, wovon ſechs in den Paſtorskorb und zwei in den des Küſters gelegt wurden. Hiemit war das ganze Empfangsgeſchäft beendigt. Der Küſter trat dem Hofſchulzen näher und ſagte folgenden dritten Spruch her: Die Hühner waren alle ſechs richtig, Und die Käſe alle vollwichtig; Die Eier ſind befunden worden friſch, Und was ſich gebührte, ſtand auf dem Tiſch. Deßhalb der Herr Euren Hof bewahr’ Vor Hungersnoth und Feuersgefahr! Bei Gott und Menſchen iſt beliebt, Wer Gift und Gaben richtig giebt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/392
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/392>, abgerufen am 22.11.2024.