Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

Wie sollte es auch anders seyn! rief der Jäger.
Ich muß Ihnen gestehen, daß bei dem ganzen Ein-
hergange, ungeachtet alles Komischen, was Ihr
Küster darüber auszubreiten wußte, mich ein Gefühl
der Rührung nicht verließ. Ich sah in diesem
Empfangen der einfachsten leiblichen Gaben einer-
seits, und in der Ehrfurcht, womit sie anderseits
dargeboten wurden, gewissermaßen das frömmste,
schlichteste Bild der Kirche, welche zu ihrem Bestande
des täglichen Brodes nöthig hat, und das Bild
der Glaubigen, welche ihr das irdische Bedürfniß
in der demüthigen Ueberzeugung, daß sie damit sich
ein Höchstes und Ewiges erhalten, darreichen, so
daß weder auf der einen noch auf der andern
Seite eine Knechtschaft, vielmehr bei Beiden nur
die Innigkeit des vollkommensten Wechselbezuges
entsteht.

Es freut mich, rief der Diaconus, und drückte
dem Jäger die Hand, daß Sie die Sache so anse-
hen, über welche vielleicht ein Anderer gespöttelt
haben würde, daher es mir, wie ich Ihnen nun
gestehen darf, im ersten Augenblicke auch gar nicht
recht war, in Ihnen unvermuthet einen Zeugen
jener Scenen zu finden.


Wie ſollte es auch anders ſeyn! rief der Jäger.
Ich muß Ihnen geſtehen, daß bei dem ganzen Ein-
hergange, ungeachtet alles Komiſchen, was Ihr
Küſter darüber auszubreiten wußte, mich ein Gefühl
der Rührung nicht verließ. Ich ſah in dieſem
Empfangen der einfachſten leiblichen Gaben einer-
ſeits, und in der Ehrfurcht, womit ſie anderſeits
dargeboten wurden, gewiſſermaßen das frömmſte,
ſchlichteſte Bild der Kirche, welche zu ihrem Beſtande
des täglichen Brodes nöthig hat, und das Bild
der Glaubigen, welche ihr das irdiſche Bedürfniß
in der demüthigen Ueberzeugung, daß ſie damit ſich
ein Höchſtes und Ewiges erhalten, darreichen, ſo
daß weder auf der einen noch auf der andern
Seite eine Knechtſchaft, vielmehr bei Beiden nur
die Innigkeit des vollkommenſten Wechſelbezuges
entſteht.

Es freut mich, rief der Diaconus, und drückte
dem Jäger die Hand, daß Sie die Sache ſo anſe-
hen, über welche vielleicht ein Anderer geſpöttelt
haben würde, daher es mir, wie ich Ihnen nun
geſtehen darf, im erſten Augenblicke auch gar nicht
recht war, in Ihnen unvermuthet einen Zeugen
jener Scenen zu finden.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0401" n="393"/>
          <p>Wie &#x017F;ollte es auch anders &#x017F;eyn! rief der Jäger.<lb/>
Ich muß Ihnen ge&#x017F;tehen, daß bei dem ganzen Ein-<lb/>
hergange, ungeachtet alles Komi&#x017F;chen, was Ihr<lb/>&#x017F;ter darüber auszubreiten wußte, mich ein Gefühl<lb/>
der Rührung nicht verließ. Ich &#x017F;ah in die&#x017F;em<lb/>
Empfangen der einfach&#x017F;ten leiblichen Gaben einer-<lb/>
&#x017F;eits, und in der Ehrfurcht, womit &#x017F;ie ander&#x017F;eits<lb/>
dargeboten wurden, gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen das frömm&#x017F;te,<lb/>
&#x017F;chlichte&#x017F;te Bild der Kirche, welche zu ihrem Be&#x017F;tande<lb/>
des täglichen Brodes nöthig hat, und das Bild<lb/>
der Glaubigen, welche ihr das irdi&#x017F;che Bedürfniß<lb/>
in der demüthigen Ueberzeugung, daß &#x017F;ie damit &#x017F;ich<lb/>
ein Höch&#x017F;tes und Ewiges erhalten, darreichen, &#x017F;o<lb/>
daß weder auf der einen noch auf der andern<lb/>
Seite eine Knecht&#x017F;chaft, vielmehr bei Beiden nur<lb/>
die Innigkeit des vollkommen&#x017F;ten Wech&#x017F;elbezuges<lb/>
ent&#x017F;teht.</p><lb/>
          <p>Es freut mich, rief der Diaconus, und drückte<lb/>
dem Jäger die Hand, daß Sie die Sache &#x017F;o an&#x017F;e-<lb/>
hen, über welche vielleicht ein Anderer ge&#x017F;pöttelt<lb/>
haben würde, daher es mir, wie ich Ihnen nun<lb/>
ge&#x017F;tehen darf, im er&#x017F;ten Augenblicke auch gar nicht<lb/>
recht war, in Ihnen unvermuthet einen Zeugen<lb/>
jener Scenen zu finden.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[393/0401] Wie ſollte es auch anders ſeyn! rief der Jäger. Ich muß Ihnen geſtehen, daß bei dem ganzen Ein- hergange, ungeachtet alles Komiſchen, was Ihr Küſter darüber auszubreiten wußte, mich ein Gefühl der Rührung nicht verließ. Ich ſah in dieſem Empfangen der einfachſten leiblichen Gaben einer- ſeits, und in der Ehrfurcht, womit ſie anderſeits dargeboten wurden, gewiſſermaßen das frömmſte, ſchlichteſte Bild der Kirche, welche zu ihrem Beſtande des täglichen Brodes nöthig hat, und das Bild der Glaubigen, welche ihr das irdiſche Bedürfniß in der demüthigen Ueberzeugung, daß ſie damit ſich ein Höchſtes und Ewiges erhalten, darreichen, ſo daß weder auf der einen noch auf der andern Seite eine Knechtſchaft, vielmehr bei Beiden nur die Innigkeit des vollkommenſten Wechſelbezuges entſteht. Es freut mich, rief der Diaconus, und drückte dem Jäger die Hand, daß Sie die Sache ſo anſe- hen, über welche vielleicht ein Anderer geſpöttelt haben würde, daher es mir, wie ich Ihnen nun geſtehen darf, im erſten Augenblicke auch gar nicht recht war, in Ihnen unvermuthet einen Zeugen jener Scenen zu finden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/401
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/401>, abgerufen am 22.11.2024.