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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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Eine Zeitlang ist er Franzose und ganz versenkt
in die Herrlichkeit der Napoleonischen Zeit, dann
wird er wieder eine Zeitlang eben so entschiedener
Preuße und Lobredner des Aufschwungs jener gro-
ßen Epoche der Volksbewegung. Diese Phasen
treten abwechselnd ein, jenachdem ihn eine Vorstel-
lung, die dem einen oder andern Kreise angehört,
in Beschlag nimmt, und sie dauern so lange, bis
der Stoff der Vorstellung sich abgesponnen hat.
Es versteht sich, daß er auch immer nur einen
Orden, entweder den Preußischen, oder den Fran-
zösischen trägt. Diesem Turnus gemäß hat er
denn auch die beiden abgesonderten Wohngelasse
sich ausgerüstet, und neben jedem ein besonderes
Schlafgemach. Drüben unter den Marschällen bringt
er zu, wenn er Franzose ist, und hier bei den Tro-
päon verweilt er, wenn er die preußischen Tage hat.
Nicht wahr, wir besitzen hier zu Lande gute Ori-
ginale?

In der That, versetzte der Jäger, man fühlt
sich bei Ihnen wie in der Welt des Tristram
Shandy. Uebrigens kann ich nicht sagen, daß mir
die Manier des guten Hauptmanns, so barock sie
auch aussieht, gerade unvernünftig vorkäme. Man-

Eine Zeitlang iſt er Franzoſe und ganz verſenkt
in die Herrlichkeit der Napoleoniſchen Zeit, dann
wird er wieder eine Zeitlang eben ſo entſchiedener
Preuße und Lobredner des Aufſchwungs jener gro-
ßen Epoche der Volksbewegung. Dieſe Phaſen
treten abwechſelnd ein, jenachdem ihn eine Vorſtel-
lung, die dem einen oder andern Kreiſe angehört,
in Beſchlag nimmt, und ſie dauern ſo lange, bis
der Stoff der Vorſtellung ſich abgeſponnen hat.
Es verſteht ſich, daß er auch immer nur einen
Orden, entweder den Preußiſchen, oder den Fran-
zöſiſchen trägt. Dieſem Turnus gemäß hat er
denn auch die beiden abgeſonderten Wohngelaſſe
ſich ausgerüſtet, und neben jedem ein beſonderes
Schlafgemach. Drüben unter den Marſchällen bringt
er zu, wenn er Franzoſe iſt, und hier bei den Tro-
päon verweilt er, wenn er die preußiſchen Tage hat.
Nicht wahr, wir beſitzen hier zu Lande gute Ori-
ginale?

In der That, verſetzte der Jäger, man fühlt
ſich bei Ihnen wie in der Welt des Triſtram
Shandy. Uebrigens kann ich nicht ſagen, daß mir
die Manier des guten Hauptmanns, ſo barock ſie
auch ausſieht, gerade unvernünftig vorkäme. Man-

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[426/0434] Eine Zeitlang iſt er Franzoſe und ganz verſenkt in die Herrlichkeit der Napoleoniſchen Zeit, dann wird er wieder eine Zeitlang eben ſo entſchiedener Preuße und Lobredner des Aufſchwungs jener gro- ßen Epoche der Volksbewegung. Dieſe Phaſen treten abwechſelnd ein, jenachdem ihn eine Vorſtel- lung, die dem einen oder andern Kreiſe angehört, in Beſchlag nimmt, und ſie dauern ſo lange, bis der Stoff der Vorſtellung ſich abgeſponnen hat. Es verſteht ſich, daß er auch immer nur einen Orden, entweder den Preußiſchen, oder den Fran- zöſiſchen trägt. Dieſem Turnus gemäß hat er denn auch die beiden abgeſonderten Wohngelaſſe ſich ausgerüſtet, und neben jedem ein beſonderes Schlafgemach. Drüben unter den Marſchällen bringt er zu, wenn er Franzoſe iſt, und hier bei den Tro- päon verweilt er, wenn er die preußiſchen Tage hat. Nicht wahr, wir beſitzen hier zu Lande gute Ori- ginale? In der That, verſetzte der Jäger, man fühlt ſich bei Ihnen wie in der Welt des Triſtram Shandy. Uebrigens kann ich nicht ſagen, daß mir die Manier des guten Hauptmanns, ſo barock ſie auch ausſieht, gerade unvernünftig vorkäme. Man-

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/434>, abgerufen am 16.08.2024.