Fünfzehntes Capitel. Zwei Zuhörer sind in ihren Erwartungen so getäuscht, wie die Leser, der dritte Zuhörer fühlt sich dagegen höchst befrie- digt. Der Freiherr theilt einige dürftige Familiennachrichten mit.
Der Schulmeister Agesilaus hatte schon während des letzten Theils dieser Erzählung deutliche Zeichen hergestellter Zufriedenheit von sich gegeben. Ver- gnügt hatte er seine Hände gerieben, sich auf dem Stuhle hin und hergewiegt, ein Hm! Hm! Ja! Ja! So! So! Ei! Ei! dazwischen geworfen, und den Freiherrn mit einer Schalkhaftigkeit angesehen, welche eine Schattirung von Tiefsinn durchschimmern ließ. Nachdem nun Münchhausen zu Ende gekom- men war, sprang der Schulmeister auf, lief zu dem Erzähler, schüttelte ihm die Hand, und rief: Ver- zeihung, mein hochzuverehrender Gönner, daß ich die Standesunterschiede nicht achte, und Ihnen so
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Fuͤnfzehntes Capitel. Zwei Zuhörer ſind in ihren Erwartungen ſo getäuſcht, wie die Leſer, der dritte Zuhörer fühlt ſich dagegen höchſt befrie- digt. Der Freiherr theilt einige dürftige Familiennachrichten mit.
Der Schulmeiſter Ageſilaus hatte ſchon während des letzten Theils dieſer Erzählung deutliche Zeichen hergeſtellter Zufriedenheit von ſich gegeben. Ver- gnügt hatte er ſeine Hände gerieben, ſich auf dem Stuhle hin und hergewiegt, ein Hm! Hm! Ja! Ja! So! So! Ei! Ei! dazwiſchen geworfen, und den Freiherrn mit einer Schalkhaftigkeit angeſehen, welche eine Schattirung von Tiefſinn durchſchimmern ließ. Nachdem nun Münchhauſen zu Ende gekom- men war, ſprang der Schulmeiſter auf, lief zu dem Erzähler, ſchüttelte ihm die Hand, und rief: Ver- zeihung, mein hochzuverehrender Gönner, daß ich die Standesunterſchiede nicht achte, und Ihnen ſo
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Fuͤnfzehntes Capitel.
Zwei Zuhörer ſind in ihren Erwartungen
ſo getäuſcht, wie die Leſer, der dritte
Zuhörer fühlt ſich dagegen höchſt befrie-
digt. Der Freiherr theilt einige dürftige
Familiennachrichten mit.
Der Schulmeiſter Ageſilaus hatte ſchon während
des letzten Theils dieſer Erzählung deutliche Zeichen
hergeſtellter Zufriedenheit von ſich gegeben. Ver-
gnügt hatte er ſeine Hände gerieben, ſich auf dem
Stuhle hin und hergewiegt, ein Hm! Hm! Ja!
Ja! So! So! Ei! Ei! dazwiſchen geworfen, und
den Freiherrn mit einer Schalkhaftigkeit angeſehen,
welche eine Schattirung von Tiefſinn durchſchimmern
ließ. Nachdem nun Münchhauſen zu Ende gekom-
men war, ſprang der Schulmeiſter auf, lief zu dem
Erzähler, ſchüttelte ihm die Hand, und rief: Ver-
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die Standesunterſchiede nicht achte, und Ihnen ſo
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/75>, abgerufen am 23.11.2024.
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