Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
Gesperret lange Zeit in eine Tasche,
Selbstständigwerdenwollend ausgekrochen,
Nahm in die Krallen dich der Gei'r, der rasche,
Dem Albion's Großmuth drauf den Hals gebrochen,
Und als dir nun gesunken die Courage,
Fühlst du in Grimmen, Glühen, Wallen, Pochen
Dein Herz gelöset fluthen gleich der Thräne
Des Stocks im Lenz, am Born der Hippokrene!

Ja, ich hatte unversehens aus der Hippokrene
getrunken und war sonach am Helikon! Mein
Lippen öffneten sich abermals und scandirten un-
willkührlich:

Sauerbereiteter Wurm des gütigsten Vaters,
Für die Cadettenanstalt des größesten Sultans
Mit dem Säbel aus Blech bewaffneter Knabe,
Streife das rothe Collet und die weißen battistnen
Höschen vom Leibe dir ab und glänze in reiner
Classischer Nacktheit!

Wirklich warf ich Säbel, Collet, Turban,
Pumphöschen, kurz Alles und Jedes ab, wälzte
und kugelte mich wie toll umher, unwillkührlich,
von dem Musenwasser getrieben. Schon hatten
sich wieder neue Bilder in meine Seele und Weisen
auf meine Lippen gedrängt; ich sang:

Feinsliebchen, wenn du suchest mich,
Trala!
Geſperret lange Zeit in eine Taſche,
Selbſtſtändigwerdenwollend ausgekrochen,
Nahm in die Krallen dich der Gei’r, der raſche,
Dem Albion’s Großmuth drauf den Hals gebrochen,
Und als dir nun geſunken die Courage,
Fühlſt du in Grimmen, Glühen, Wallen, Pochen
Dein Herz gelöſet fluthen gleich der Thräne
Des Stocks im Lenz, am Born der Hippokrene!

Ja, ich hatte unverſehens aus der Hippokrene
getrunken und war ſonach am Helikon! Mein
Lippen öffneten ſich abermals und ſcandirten un-
willkührlich:

Sauerbereiteter Wurm des gütigſten Vaters,
Für die Cadettenanſtalt des größeſten Sultans
Mit dem Säbel aus Blech bewaffneter Knabe,
Streife das rothe Collet und die weißen battiſtnen
Höschen vom Leibe dir ab und glänze in reiner
Claſſiſcher Nacktheit!

Wirklich warf ich Säbel, Collet, Turban,
Pumphöschen, kurz Alles und Jedes ab, wälzte
und kugelte mich wie toll umher, unwillkührlich,
von dem Muſenwaſſer getrieben. Schon hatten
ſich wieder neue Bilder in meine Seele und Weiſen
auf meine Lippen gedrängt; ich ſang:

Feinsliebchen, wenn du ſucheſt mich,
Trala!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0141" n="123"/>
          <lg type="poem">
            <l>Ge&#x017F;perret lange Zeit in eine Ta&#x017F;che,</l><lb/>
            <l>Selb&#x017F;t&#x017F;tändigwerdenwollend ausgekrochen,</l><lb/>
            <l>Nahm in die Krallen dich der Gei&#x2019;r, der ra&#x017F;che,</l><lb/>
            <l>Dem Albion&#x2019;s Großmuth drauf den Hals gebrochen,</l><lb/>
            <l>Und als dir nun ge&#x017F;unken die Courage,</l><lb/>
            <l>Fühl&#x017F;t du in Grimmen, Glühen, Wallen, Pochen</l><lb/>
            <l>Dein Herz gelö&#x017F;et fluthen gleich der Thräne</l><lb/>
            <l>Des Stocks im Lenz, am Born der Hippokrene!</l>
          </lg><lb/>
          <p>Ja, ich hatte unver&#x017F;ehens aus der Hippokrene<lb/>
getrunken und war &#x017F;onach am Helikon! Mein<lb/>
Lippen öffneten &#x017F;ich abermals und &#x017F;candirten un-<lb/>
willkührlich:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Sauerbereiteter Wurm des gütig&#x017F;ten Vaters,</l><lb/>
            <l>Für die Cadettenan&#x017F;talt des größe&#x017F;ten Sultans</l><lb/>
            <l>Mit dem Säbel aus Blech bewaffneter Knabe,</l><lb/>
            <l>Streife das rothe Collet und die weißen batti&#x017F;tnen</l><lb/>
            <l>Höschen vom Leibe dir ab und glänze in reiner</l><lb/>
            <l>Cla&#x017F;&#x017F;i&#x017F;cher Nacktheit!</l>
          </lg><lb/>
          <p>Wirklich warf ich Säbel, Collet, Turban,<lb/>
Pumphöschen, kurz Alles und Jedes ab, wälzte<lb/>
und kugelte mich wie toll umher, unwillkührlich,<lb/>
von dem Mu&#x017F;enwa&#x017F;&#x017F;er getrieben. Schon hatten<lb/>
&#x017F;ich wieder neue Bilder in meine Seele und Wei&#x017F;en<lb/>
auf meine Lippen gedrängt; ich &#x017F;ang:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Feinsliebchen, wenn du &#x017F;uche&#x017F;t mich,</l><lb/>
            <l>Trala!</l><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0141] Geſperret lange Zeit in eine Taſche, Selbſtſtändigwerdenwollend ausgekrochen, Nahm in die Krallen dich der Gei’r, der raſche, Dem Albion’s Großmuth drauf den Hals gebrochen, Und als dir nun geſunken die Courage, Fühlſt du in Grimmen, Glühen, Wallen, Pochen Dein Herz gelöſet fluthen gleich der Thräne Des Stocks im Lenz, am Born der Hippokrene! Ja, ich hatte unverſehens aus der Hippokrene getrunken und war ſonach am Helikon! Mein Lippen öffneten ſich abermals und ſcandirten un- willkührlich: Sauerbereiteter Wurm des gütigſten Vaters, Für die Cadettenanſtalt des größeſten Sultans Mit dem Säbel aus Blech bewaffneter Knabe, Streife das rothe Collet und die weißen battiſtnen Höschen vom Leibe dir ab und glänze in reiner Claſſiſcher Nacktheit! Wirklich warf ich Säbel, Collet, Turban, Pumphöschen, kurz Alles und Jedes ab, wälzte und kugelte mich wie toll umher, unwillkührlich, von dem Muſenwaſſer getrieben. Schon hatten ſich wieder neue Bilder in meine Seele und Weiſen auf meine Lippen gedrängt; ich ſang: Feinsliebchen, wenn du ſucheſt mich, Trala!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/141
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/141>, abgerufen am 09.11.2024.