Segen, herziger Junge! Du bist nun ganz der Unsere, du käust wieder! -- Ihr Götter! rufe ich (denn auf dem Helikon spricht man nur mytholo- gisch) was ist aus mir geworden? Ich habe aber nicht Zeit, diese Ausrufungen fortzusetzen, denn alle eilf andern Ziegen, welche den Freudenschrei der Quiqui vernommen haben, drängen sich um mich, und sind wie außer sich, die Lili leckt mich, die Pipi neckt mich, die Riri schmiegt sich an, die Fifi riecht mich an, die Titi will mich küssen, die Wiwi hätte vor Liebe mich fast gebissen, Bibi, Didi, Kiki scherzen, Mimi, Nini herzen; von dem Jubel erwachen die Zicklein und Böcklein, hören halb schlaftrunken, was vorfiel, und nun erbrauset erst der rechte ba- chische Taumel. Das springt, bockt, bäumt, stößt, rennt um mich her, das schüttelt sich, rüttelt sich, tänzelt, schwänzelt, hänselt, daß keine Phantasie, und wäre sie die kühnste und leichtfertigste, diese tolle Scene, be- leuchtet von einem zweifelhaften Mondschein, sich vor- zustellen vermöchte. Nur die ehrwürdige Sisi behielt einigermaßen ihre Fassung, legte, als sie durch das Gewirre zu mir dringen konnte, ihre mütterliche Pfote segnend auf mein Haupt und sprach: Mögen dich Pan und alle Faunen beschützen, du junger Geretteter!
Segen, herziger Junge! Du biſt nun ganz der Unſere, du käuſt wieder! — Ihr Götter! rufe ich (denn auf dem Helikon ſpricht man nur mytholo- giſch) was iſt aus mir geworden? Ich habe aber nicht Zeit, dieſe Ausrufungen fortzuſetzen, denn alle eilf andern Ziegen, welche den Freudenſchrei der Quiqui vernommen haben, drängen ſich um mich, und ſind wie außer ſich, die Lili leckt mich, die Pipi neckt mich, die Riri ſchmiegt ſich an, die Fifi riecht mich an, die Titi will mich küſſen, die Wiwi hätte vor Liebe mich faſt gebiſſen, Bibi, Didi, Kiki ſcherzen, Mimi, Nini herzen; von dem Jubel erwachen die Zicklein und Böcklein, hören halb ſchlaftrunken, was vorfiel, und nun erbrauſet erſt der rechte ba- chiſche Taumel. Das ſpringt, bockt, bäumt, ſtößt, rennt um mich her, das ſchüttelt ſich, rüttelt ſich, tänzelt, ſchwänzelt, hänſelt, daß keine Phantaſie, und wäre ſie die kühnſte und leichtfertigſte, dieſe tolle Scene, be- leuchtet von einem zweifelhaften Mondſchein, ſich vor- zuſtellen vermöchte. Nur die ehrwürdige Siſi behielt einigermaßen ihre Faſſung, legte, als ſie durch das Gewirre zu mir dringen konnte, ihre mütterliche Pfote ſegnend auf mein Haupt und ſprach: Mögen dich Pan und alle Faunen beſchützen, du junger Geretteter!
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Segen, herziger Junge! Du biſt nun ganz der
Unſere, du käuſt wieder! — Ihr Götter! rufe ich
(denn auf dem Helikon ſpricht man nur mytholo-
giſch) was iſt aus mir geworden? Ich habe aber
nicht Zeit, dieſe Ausrufungen fortzuſetzen, denn alle
eilf andern Ziegen, welche den Freudenſchrei der
Quiqui vernommen haben, drängen ſich um mich,
und ſind wie außer ſich, die Lili leckt mich, die
Pipi neckt mich, die Riri ſchmiegt ſich an, die Fifi
riecht mich an, die Titi will mich küſſen, die Wiwi
hätte vor Liebe mich faſt gebiſſen, Bibi, Didi, Kiki
ſcherzen, Mimi, Nini herzen; von dem Jubel erwachen
die Zicklein und Böcklein, hören halb ſchlaftrunken,
was vorfiel, und nun erbrauſet erſt der rechte ba-
chiſche Taumel. Das ſpringt, bockt, bäumt, ſtößt,
rennt um mich her, das ſchüttelt ſich, rüttelt ſich, tänzelt,
ſchwänzelt, hänſelt, daß keine Phantaſie, und wäre ſie
die kühnſte und leichtfertigſte, dieſe tolle Scene, be-
leuchtet von einem zweifelhaften Mondſchein, ſich vor-
zuſtellen vermöchte. Nur die ehrwürdige Siſi behielt
einigermaßen ihre Faſſung, legte, als ſie durch das
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ſegnend auf mein Haupt und ſprach: Mögen dich Pan
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/159>, abgerufen am 22.12.2024.
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