Muschelhäuschen, von der Voliere, von den Gold- fasanen und den Mistbeeten voll Hyacinthen, die hier elend wild wachsen -- aber Sebulon, denke nur an die schöne Aussicht auf den Canal, über den alle Tage die sechs braun angestrichenen Treckschuiten von den Jägerchen gezogen werden und auf die unabseh- liche Wiese dahinter, in der dann doch auch nicht eine einzige Erhabenheit, so groß wie ein Maulwurfshü- gel ist, und den Hintergrund von zwölf Windmühlen im Gange! Und dann sieht man das nicht alle Tage, nein, einen um den andern Tag nebelt oder regnet es, so daß die Entbehrung das Glück, um sich blicken zu können, erhöht, und der Himmel bleibt immer, auch wenn es helles Wetter ist, bescheiden, mäßig und grau. Wie wird dir denn Sebulon, wenn du an alles das denkst?
Abscheulich wird mir zu Muthe, rief Sebulon und warf zornig seine Pfeife an den Boden, daß sie zerbrach. Hole der böse Feind diese verdamm- ten griechischen Wüsten!
Ereifre dich nicht, Sebulon, sagte der Herr schläfrig, mit verdrossenem Mundhängen. Ein Hol- länder ereifert sich nicht, oder er prügelt wenig- stens Jemanden dabei, auf daß der Eifer einen
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Muſchelhäuschen, von der Voliere, von den Gold- faſanen und den Miſtbeeten voll Hyacinthen, die hier elend wild wachſen — aber Sebulon, denke nur an die ſchöne Ausſicht auf den Canal, über den alle Tage die ſechs braun angeſtrichenen Treckſchuiten von den Jägerchen gezogen werden und auf die unabſeh- liche Wieſe dahinter, in der dann doch auch nicht eine einzige Erhabenheit, ſo groß wie ein Maulwurfshü- gel iſt, und den Hintergrund von zwölf Windmühlen im Gange! Und dann ſieht man das nicht alle Tage, nein, einen um den andern Tag nebelt oder regnet es, ſo daß die Entbehrung das Glück, um ſich blicken zu können, erhöht, und der Himmel bleibt immer, auch wenn es helles Wetter iſt, beſcheiden, mäßig und grau. Wie wird dir denn Sebulon, wenn du an alles das denkſt?
Abſcheulich wird mir zu Muthe, rief Sebulon und warf zornig ſeine Pfeife an den Boden, daß ſie zerbrach. Hole der böſe Feind dieſe verdamm- ten griechiſchen Wüſten!
Ereifre dich nicht, Sebulon, ſagte der Herr ſchläfrig, mit verdroſſenem Mundhängen. Ein Hol- länder ereifert ſich nicht, oder er prügelt wenig- ſtens Jemanden dabei, auf daß der Eifer einen
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Muſchelhäuschen, von der Voliere, von den Gold-
faſanen und den Miſtbeeten voll Hyacinthen, die
hier elend wild wachſen — aber Sebulon, denke nur
an die ſchöne Ausſicht auf den Canal, über den alle
Tage die ſechs braun angeſtrichenen Treckſchuiten von
den Jägerchen gezogen werden und auf die unabſeh-
liche Wieſe dahinter, in der dann doch auch nicht eine
einzige Erhabenheit, ſo groß wie ein Maulwurfshü-
gel iſt, und den Hintergrund von zwölf Windmühlen
im Gange! Und dann ſieht man das nicht alle Tage,
nein, einen um den andern Tag nebelt oder regnet
es, ſo daß die Entbehrung das Glück, um ſich
blicken zu können, erhöht, und der Himmel bleibt
immer, auch wenn es helles Wetter iſt, beſcheiden,
mäßig und grau. Wie wird dir denn Sebulon,
wenn du an alles das denkſt?
Abſcheulich wird mir zu Muthe, rief Sebulon
und warf zornig ſeine Pfeife an den Boden, daß
ſie zerbrach. Hole der böſe Feind dieſe verdamm-
ten griechiſchen Wüſten!
Ereifre dich nicht, Sebulon, ſagte der Herr
ſchläfrig, mit verdroſſenem Mundhängen. Ein Hol-
länder ereifert ſich nicht, oder er prügelt wenig-
ſtens Jemanden dabei, auf daß der Eifer einen
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/197>, abgerufen am 22.12.2024.
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