doch Tag, ohne daß ich erstickt wäre, und da sah ich ein noch viel größeres Wunder, als dasjenige gewesen wäre, wenn die Geister mir die Federn unter'm Kopfe weggezogen hätten. Ganz umge- kehrt hatten sie mich; vermuthlich während des Schlafes. Ich lag mit dem Kopfe drunten am Fußende, und die Beine ruhten droben auf dem Kopfkissen; ein in den Schranken des Cerebral- systems Befangener würde gesagt haben, daß ich am Abend zuvor mich verkehrt niedergelegt habe. Ich stand auf und sah, daß das fallende Geräusch von meinen Kleidungsstücken entstanden war, welche die Geister mit dem Nagel von der Wand herabgeworfen hatten. Dessen Ausziehen konnte ihnen freilich keine große Mühe verursacht haben von wegen der bröcklichten Umstände, worin sich, wie schon angeführt worden ist, die Wand befand.
Ich trank meinen Caffee, dann zum zweiten Frühstück eine Flasche Affenthaler, fühlte meine Glaubenskraft hierauf in der gehörigen Verfassung, gab dem Oberkellner seinen Gulden, erklärte mich mit seiner Bedienung vollkommen zufrieden, versprach
doch Tag, ohne daß ich erſtickt wäre, und da ſah ich ein noch viel größeres Wunder, als dasjenige geweſen wäre, wenn die Geiſter mir die Federn unter’m Kopfe weggezogen hätten. Ganz umge- kehrt hatten ſie mich; vermuthlich während des Schlafes. Ich lag mit dem Kopfe drunten am Fußende, und die Beine ruhten droben auf dem Kopfkiſſen; ein in den Schranken des Cerebral- ſyſtems Befangener würde geſagt haben, daß ich am Abend zuvor mich verkehrt niedergelegt habe. Ich ſtand auf und ſah, daß das fallende Geräuſch von meinen Kleidungsſtücken entſtanden war, welche die Geiſter mit dem Nagel von der Wand herabgeworfen hatten. Deſſen Ausziehen konnte ihnen freilich keine große Mühe verurſacht haben von wegen der bröcklichten Umſtände, worin ſich, wie ſchon angeführt worden iſt, die Wand befand.
Ich trank meinen Caffee, dann zum zweiten Frühſtück eine Flaſche Affenthaler, fühlte meine Glaubenskraft hierauf in der gehörigen Verfaſſung, gab dem Oberkellner ſeinen Gulden, erklärte mich mit ſeiner Bedienung vollkommen zufrieden, verſprach
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0265"n="247"/>
doch Tag, ohne daß ich erſtickt wäre, und da ſah<lb/>
ich ein noch viel größeres Wunder, als dasjenige<lb/>
geweſen wäre, wenn die Geiſter mir die Federn<lb/>
unter’m Kopfe weggezogen hätten. Ganz umge-<lb/>
kehrt hatten ſie mich; vermuthlich während des<lb/>
Schlafes. Ich lag mit dem Kopfe drunten am<lb/>
Fußende, und die Beine ruhten droben auf dem<lb/>
Kopfkiſſen; ein in den Schranken des Cerebral-<lb/>ſyſtems Befangener würde geſagt haben, daß<lb/>
ich am Abend zuvor mich verkehrt niedergelegt<lb/>
habe. Ich ſtand auf und ſah, daß das fallende<lb/>
Geräuſch von meinen Kleidungsſtücken entſtanden<lb/>
war, welche die Geiſter mit dem Nagel von der<lb/>
Wand herabgeworfen hatten. Deſſen Ausziehen<lb/>
konnte ihnen freilich keine große Mühe verurſacht<lb/>
haben von wegen der bröcklichten Umſtände, worin<lb/>ſich, wie ſchon angeführt worden iſt, die Wand<lb/>
befand.</p><lb/><p>Ich trank meinen Caffee, dann zum zweiten<lb/>
Frühſtück eine Flaſche Affenthaler, fühlte meine<lb/>
Glaubenskraft hierauf in der gehörigen Verfaſſung,<lb/>
gab dem Oberkellner ſeinen Gulden, erklärte mich<lb/>
mit ſeiner Bedienung vollkommen zufrieden, verſprach<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[247/0265]
doch Tag, ohne daß ich erſtickt wäre, und da ſah
ich ein noch viel größeres Wunder, als dasjenige
geweſen wäre, wenn die Geiſter mir die Federn
unter’m Kopfe weggezogen hätten. Ganz umge-
kehrt hatten ſie mich; vermuthlich während des
Schlafes. Ich lag mit dem Kopfe drunten am
Fußende, und die Beine ruhten droben auf dem
Kopfkiſſen; ein in den Schranken des Cerebral-
ſyſtems Befangener würde geſagt haben, daß
ich am Abend zuvor mich verkehrt niedergelegt
habe. Ich ſtand auf und ſah, daß das fallende
Geräuſch von meinen Kleidungsſtücken entſtanden
war, welche die Geiſter mit dem Nagel von der
Wand herabgeworfen hatten. Deſſen Ausziehen
konnte ihnen freilich keine große Mühe verurſacht
haben von wegen der bröcklichten Umſtände, worin
ſich, wie ſchon angeführt worden iſt, die Wand
befand.
Ich trank meinen Caffee, dann zum zweiten
Frühſtück eine Flaſche Affenthaler, fühlte meine
Glaubenskraft hierauf in der gehörigen Verfaſſung,
gab dem Oberkellner ſeinen Gulden, erklärte mich
mit ſeiner Bedienung vollkommen zufrieden, verſprach
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/265>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.