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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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sie gegen den Einwurf der Spötter, daß sie aus-
sehe, als hätten die Hühner auf dem Papiere
gekratzt, vertheidige, und die feinen, jedoch kennt-
lichen Unterschiede zwischen dem Sanskrit von
Prevorst und den Hühnercharakteren an den Tag
bringe.

Kernbeißer umarmte mich und sagte: An Ihnen
haben wir einen wahren Freund und Bruder ge-
wonnen. Eschenmichel aber, der uns nachgeschlichen
war, zog ihn bei Seite, und ich hörte ihn die halb-
lauten Worte zu Jenem sprechen: Du bist immer
zu rasch, wir wollen ihn erst prüfen, bevor wir
ihn in unsere Gemeinschaft aufnehmen. -- Kern-
beißer schüttelte den Kopf über Eschenmichel's Zwei-
felsucht, doch mußte er sich fügen, und die beiden
Doctoren nahmen mich nun nach dem Garten mit.
Dort setzten wir uns in die Laube, und das Examen
rigorosum nahm seinen Anfang.

Vor dieser Prüfung hatte ich einige Scheu ge-
tragen, denn ich traute mir die rechten Kenntnisse
in der Geisterlehre noch nicht zu. Indessen lief
sie glimpflich genug ab. Zwar auf Eschenmichel's
Fragen, wie hoch der Himmel und wie tief die
Hölle sei, wie viele Himmel und wie viele Quar-

ſie gegen den Einwurf der Spötter, daß ſie aus-
ſehe, als hätten die Hühner auf dem Papiere
gekratzt, vertheidige, und die feinen, jedoch kennt-
lichen Unterſchiede zwiſchen dem Sanskrit von
Prevorſt und den Hühnercharakteren an den Tag
bringe.

Kernbeißer umarmte mich und ſagte: An Ihnen
haben wir einen wahren Freund und Bruder ge-
wonnen. Eſchenmichel aber, der uns nachgeſchlichen
war, zog ihn bei Seite, und ich hörte ihn die halb-
lauten Worte zu Jenem ſprechen: Du biſt immer
zu raſch, wir wollen ihn erſt prüfen, bevor wir
ihn in unſere Gemeinſchaft aufnehmen. — Kern-
beißer ſchüttelte den Kopf über Eſchenmichel’s Zwei-
felſucht, doch mußte er ſich fügen, und die beiden
Doctoren nahmen mich nun nach dem Garten mit.
Dort ſetzten wir uns in die Laube, und das Examen
rigoroſum nahm ſeinen Anfang.

Vor dieſer Prüfung hatte ich einige Scheu ge-
tragen, denn ich traute mir die rechten Kenntniſſe
in der Geiſterlehre noch nicht zu. Indeſſen lief
ſie glimpflich genug ab. Zwar auf Eſchenmichel’s
Fragen, wie hoch der Himmel und wie tief die
Hölle ſei, wie viele Himmel und wie viele Quar-

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[262/0280] ſie gegen den Einwurf der Spötter, daß ſie aus- ſehe, als hätten die Hühner auf dem Papiere gekratzt, vertheidige, und die feinen, jedoch kennt- lichen Unterſchiede zwiſchen dem Sanskrit von Prevorſt und den Hühnercharakteren an den Tag bringe. Kernbeißer umarmte mich und ſagte: An Ihnen haben wir einen wahren Freund und Bruder ge- wonnen. Eſchenmichel aber, der uns nachgeſchlichen war, zog ihn bei Seite, und ich hörte ihn die halb- lauten Worte zu Jenem ſprechen: Du biſt immer zu raſch, wir wollen ihn erſt prüfen, bevor wir ihn in unſere Gemeinſchaft aufnehmen. — Kern- beißer ſchüttelte den Kopf über Eſchenmichel’s Zwei- felſucht, doch mußte er ſich fügen, und die beiden Doctoren nahmen mich nun nach dem Garten mit. Dort ſetzten wir uns in die Laube, und das Examen rigoroſum nahm ſeinen Anfang. Vor dieſer Prüfung hatte ich einige Scheu ge- tragen, denn ich traute mir die rechten Kenntniſſe in der Geiſterlehre noch nicht zu. Indeſſen lief ſie glimpflich genug ab. Zwar auf Eſchenmichel’s Fragen, wie hoch der Himmel und wie tief die Hölle ſei, wie viele Himmel und wie viele Quar-

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/280>, abgerufen am 23.12.2024.