Bekehrung gehen. Kernbeißer entgegnete: Wolltest du, Bruder, mich nicht lieber die Schnotterbaum curiren lassen? die Person verfällt sichtlich. -- Nein, rief Eschenmichel, auf den Dämon kommt es an, nicht auf die Schnotterbaum!
Am folgenden Tage, den ersten November spuckte der magische Schneider in seine Hände, wie er zu thun pflegte, wenn er Schwieriges vorhatte, und nachdem er durch kräftige Formeln den Dämon von der Magengegend in den Hals hinaufgebracht, redete er ihm in's Gewissen, sagte ihm, er solle sich schämen, ob ihm nicht das lausige, lumpichte Zwischenreich zum Verdruß sei? schilderte ihm die himmlischen Freuden, malte diese mit Pastoral- klugheit etwas doppelfarbig, so daß sie den Grob- schmidt wie den Magister anziehen konnten, sagte unter Anderem, da droben bleibe das Eisen immer warm, was geschmiedet werden solle, und für jede lateinische Stunde gebe es drei Kreuzer mehr, als auf Erden, sprach endlich geradezu davon, daß hier nicht gefackelt werden dürfe, sondern der Dämon sich erlösen lassen müsse.
Auf diese Bußpredigt war Dämon anfangs sehr grob. Sagte, wir sollten uns Alle packen, wir
Bekehrung gehen. Kernbeißer entgegnete: Wollteſt du, Bruder, mich nicht lieber die Schnotterbaum curiren laſſen? die Perſon verfällt ſichtlich. — Nein, rief Eſchenmichel, auf den Dämon kommt es an, nicht auf die Schnotterbaum!
Am folgenden Tage, den erſten November ſpuckte der magiſche Schneider in ſeine Hände, wie er zu thun pflegte, wenn er Schwieriges vorhatte, und nachdem er durch kräftige Formeln den Dämon von der Magengegend in den Hals hinaufgebracht, redete er ihm in’s Gewiſſen, ſagte ihm, er ſolle ſich ſchämen, ob ihm nicht das lauſige, lumpichte Zwiſchenreich zum Verdruß ſei? ſchilderte ihm die himmliſchen Freuden, malte dieſe mit Paſtoral- klugheit etwas doppelfarbig, ſo daß ſie den Grob- ſchmidt wie den Magiſter anziehen konnten, ſagte unter Anderem, da droben bleibe das Eiſen immer warm, was geſchmiedet werden ſolle, und für jede lateiniſche Stunde gebe es drei Kreuzer mehr, als auf Erden, ſprach endlich geradezu davon, daß hier nicht gefackelt werden dürfe, ſondern der Dämon ſich erlöſen laſſen müſſe.
Auf dieſe Bußpredigt war Dämon anfangs ſehr grob. Sagte, wir ſollten uns Alle packen, wir
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Bekehrung gehen. Kernbeißer entgegnete: Wollteſt
du, Bruder, mich nicht lieber die Schnotterbaum
curiren laſſen? die Perſon verfällt ſichtlich. — Nein,
rief Eſchenmichel, auf den Dämon kommt es an,
nicht auf die Schnotterbaum!
Am folgenden Tage, den erſten November ſpuckte
der magiſche Schneider in ſeine Hände, wie er zu
thun pflegte, wenn er Schwieriges vorhatte, und
nachdem er durch kräftige Formeln den Dämon
von der Magengegend in den Hals hinaufgebracht,
redete er ihm in’s Gewiſſen, ſagte ihm, er ſolle
ſich ſchämen, ob ihm nicht das lauſige, lumpichte
Zwiſchenreich zum Verdruß ſei? ſchilderte ihm die
himmliſchen Freuden, malte dieſe mit Paſtoral-
klugheit etwas doppelfarbig, ſo daß ſie den Grob-
ſchmidt wie den Magiſter anziehen konnten, ſagte
unter Anderem, da droben bleibe das Eiſen immer
warm, was geſchmiedet werden ſolle, und für jede
lateiniſche Stunde gebe es drei Kreuzer mehr, als
auf Erden, ſprach endlich geradezu davon, daß hier
nicht gefackelt werden dürfe, ſondern der Dämon
ſich erlöſen laſſen müſſe.
Auf dieſe Bußpredigt war Dämon anfangs ſehr
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/322>, abgerufen am 23.12.2024.
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