theilte ihm die Entdeckung mit, und bat ihn um die Erlaubniß für die Etablissementsgenossen, an dem bezeichneten Orte nach dem Testamente suchen zu dürfen. An dem Rande des Grabes, so schloß der Brief, in dem Augenblicke, wo der scheinbare Tag weicht und die heiligen Finsternisse ihre Lichter anzünden, trat die Welt der Geister wieder in ihre unzerstörlichen, urewigen Rechte ein. Aus ihr erscholl die Stimme, welche einen Moment lang zum Schweigen gebracht worden war, um den Glauben am Zweifel zu prüfen. Hat sie Wahr- heit gesprochen, so müssen alle Staubwirbel, welche die Geschäftigkeit des modernen Unglaubens auf- wühlt, sich zerstreuen und verschwinden.
Eigentlich ist's nicht ganz richtig, sagte Kern- beißer, als er den Brief überlesen hatte. Denn der Magister hatte ihr bei Lebzeiten vom Testament gesagt, so weit ich die gute Schnotterbaum ver- standen habe. -- Schweig! rief Eschenmichel, und siegelte den Brief.
Zwischen der Leiche im Hause und dem ver- hängnißschwangern Polizeiarchiv eingeklemmt ver- brachten wir den Rest der Nacht in einer wild- unruhigen, verworrenen Stimmung. Wir wollten
theilte ihm die Entdeckung mit, und bat ihn um die Erlaubniß für die Etabliſſementsgenoſſen, an dem bezeichneten Orte nach dem Teſtamente ſuchen zu dürfen. An dem Rande des Grabes, ſo ſchloß der Brief, in dem Augenblicke, wo der ſcheinbare Tag weicht und die heiligen Finſterniſſe ihre Lichter anzünden, trat die Welt der Geiſter wieder in ihre unzerſtörlichen, urewigen Rechte ein. Aus ihr erſcholl die Stimme, welche einen Moment lang zum Schweigen gebracht worden war, um den Glauben am Zweifel zu prüfen. Hat ſie Wahr- heit geſprochen, ſo müſſen alle Staubwirbel, welche die Geſchäftigkeit des modernen Unglaubens auf- wühlt, ſich zerſtreuen und verſchwinden.
Eigentlich iſt’s nicht ganz richtig, ſagte Kern- beißer, als er den Brief überleſen hatte. Denn der Magiſter hatte ihr bei Lebzeiten vom Teſtament geſagt, ſo weit ich die gute Schnotterbaum ver- ſtanden habe. — Schweig! rief Eſchenmichel, und ſiegelte den Brief.
Zwiſchen der Leiche im Hauſe und dem ver- hängnißſchwangern Polizeiarchiv eingeklemmt ver- brachten wir den Reſt der Nacht in einer wild- unruhigen, verworrenen Stimmung. Wir wollten
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0345"n="327"/>
theilte ihm die Entdeckung mit, und bat ihn um<lb/>
die Erlaubniß für die Etabliſſementsgenoſſen, an<lb/>
dem bezeichneten Orte nach dem Teſtamente ſuchen<lb/>
zu dürfen. An dem Rande des Grabes, ſo ſchloß<lb/>
der Brief, in dem Augenblicke, wo der ſcheinbare<lb/>
Tag weicht und die heiligen Finſterniſſe ihre Lichter<lb/>
anzünden, trat die Welt der Geiſter wieder in<lb/>
ihre unzerſtörlichen, urewigen Rechte ein. Aus<lb/>
ihr erſcholl die Stimme, welche einen Moment lang<lb/>
zum Schweigen gebracht worden war, um den<lb/>
Glauben am Zweifel zu prüfen. Hat ſie Wahr-<lb/>
heit geſprochen, ſo müſſen alle Staubwirbel, welche<lb/>
die Geſchäftigkeit des modernen Unglaubens auf-<lb/>
wühlt, ſich zerſtreuen und verſchwinden.</p><lb/><p>Eigentlich iſt’s nicht ganz richtig, ſagte Kern-<lb/>
beißer, als er den Brief überleſen hatte. Denn<lb/>
der Magiſter hatte ihr bei Lebzeiten vom Teſtament<lb/>
geſagt, ſo weit ich die gute Schnotterbaum ver-<lb/>ſtanden habe. — Schweig! rief Eſchenmichel, und<lb/>ſiegelte den Brief.</p><lb/><p>Zwiſchen der Leiche im Hauſe und dem ver-<lb/>
hängnißſchwangern Polizeiarchiv eingeklemmt ver-<lb/>
brachten wir den Reſt der Nacht in einer wild-<lb/>
unruhigen, verworrenen Stimmung. Wir wollten<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[327/0345]
theilte ihm die Entdeckung mit, und bat ihn um
die Erlaubniß für die Etabliſſementsgenoſſen, an
dem bezeichneten Orte nach dem Teſtamente ſuchen
zu dürfen. An dem Rande des Grabes, ſo ſchloß
der Brief, in dem Augenblicke, wo der ſcheinbare
Tag weicht und die heiligen Finſterniſſe ihre Lichter
anzünden, trat die Welt der Geiſter wieder in
ihre unzerſtörlichen, urewigen Rechte ein. Aus
ihr erſcholl die Stimme, welche einen Moment lang
zum Schweigen gebracht worden war, um den
Glauben am Zweifel zu prüfen. Hat ſie Wahr-
heit geſprochen, ſo müſſen alle Staubwirbel, welche
die Geſchäftigkeit des modernen Unglaubens auf-
wühlt, ſich zerſtreuen und verſchwinden.
Eigentlich iſt’s nicht ganz richtig, ſagte Kern-
beißer, als er den Brief überleſen hatte. Denn
der Magiſter hatte ihr bei Lebzeiten vom Teſtament
geſagt, ſo weit ich die gute Schnotterbaum ver-
ſtanden habe. — Schweig! rief Eſchenmichel, und
ſiegelte den Brief.
Zwiſchen der Leiche im Hauſe und dem ver-
hängnißſchwangern Polizeiarchiv eingeklemmt ver-
brachten wir den Reſt der Nacht in einer wild-
unruhigen, verworrenen Stimmung. Wir wollten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/345>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.