Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
XII.
Das Testament des Magisters Schnotter-
baum
.


Als die Stunde gekommen war, gingen wir
nach dem Rathhause. Vor demselben hatte sich
eine große Menge Volks versammelt, welches sich
ehrerbietigst verneigte und uns Platz machte, als
wir uns näherten. Auf dem Vorsaale erwartete
uns der Beamte, welcher zur Feier des Tages sich
in seine Staatsuniform geworfen hatte, mit meh-
reren Honoratioren, unter denen ich den Specerei-
händler bemerkte. Von ausgezeichneten Fremden
sah ich freilich Niemand als den Ehinger Spitzen-
krämer. Es mochten wohl an fünfzig Menschen
aller Art oben versammelt seyn, in deren Gesichtern
Neugier, Befremden, Spannung sich auf die man-
nichfaltigste Weise kund gaben. So weit wie heute
hatte sich die Thaumaturgie noch nicht in die Kreise
des profanen Lebens gewagt; schon das mußte alle

XII.
Das Teſtament des Magiſters Schnotter-
baum
.


Als die Stunde gekommen war, gingen wir
nach dem Rathhauſe. Vor demſelben hatte ſich
eine große Menge Volks verſammelt, welches ſich
ehrerbietigſt verneigte und uns Platz machte, als
wir uns näherten. Auf dem Vorſaale erwartete
uns der Beamte, welcher zur Feier des Tages ſich
in ſeine Staatsuniform geworfen hatte, mit meh-
reren Honoratioren, unter denen ich den Specerei-
händler bemerkte. Von ausgezeichneten Fremden
ſah ich freilich Niemand als den Ehinger Spitzen-
krämer. Es mochten wohl an fünfzig Menſchen
aller Art oben verſammelt ſeyn, in deren Geſichtern
Neugier, Befremden, Spannung ſich auf die man-
nichfaltigſte Weiſe kund gaben. So weit wie heute
hatte ſich die Thaumaturgie noch nicht in die Kreiſe
des profanen Lebens gewagt; ſchon das mußte alle

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0348" n="330"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XII.</hi></hi><lb/><hi rendition="#g">Das Te&#x017F;tament des Magi&#x017F;ters Schnotter-<lb/>
baum</hi>.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Als die Stunde gekommen war, gingen wir<lb/>
nach dem Rathhau&#x017F;e. Vor dem&#x017F;elben hatte &#x017F;ich<lb/>
eine große Menge Volks ver&#x017F;ammelt, welches &#x017F;ich<lb/>
ehrerbietig&#x017F;t verneigte und uns Platz machte, als<lb/>
wir uns näherten. Auf dem Vor&#x017F;aale erwartete<lb/>
uns der Beamte, welcher zur Feier des Tages &#x017F;ich<lb/>
in &#x017F;eine Staatsuniform geworfen hatte, mit meh-<lb/>
reren Honoratioren, unter denen ich den Specerei-<lb/>
händler bemerkte. Von ausgezeichneten Fremden<lb/>
&#x017F;ah ich freilich Niemand als den Ehinger Spitzen-<lb/>
krämer. Es mochten wohl an fünfzig Men&#x017F;chen<lb/>
aller Art oben ver&#x017F;ammelt &#x017F;eyn, in deren Ge&#x017F;ichtern<lb/>
Neugier, Befremden, Spannung &#x017F;ich auf die man-<lb/>
nichfaltig&#x017F;te Wei&#x017F;e kund gaben. So weit wie heute<lb/>
hatte &#x017F;ich die Thaumaturgie noch nicht in die Krei&#x017F;e<lb/>
des profanen Lebens gewagt; &#x017F;chon das mußte alle<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[330/0348] XII. Das Teſtament des Magiſters Schnotter- baum. Als die Stunde gekommen war, gingen wir nach dem Rathhauſe. Vor demſelben hatte ſich eine große Menge Volks verſammelt, welches ſich ehrerbietigſt verneigte und uns Platz machte, als wir uns näherten. Auf dem Vorſaale erwartete uns der Beamte, welcher zur Feier des Tages ſich in ſeine Staatsuniform geworfen hatte, mit meh- reren Honoratioren, unter denen ich den Specerei- händler bemerkte. Von ausgezeichneten Fremden ſah ich freilich Niemand als den Ehinger Spitzen- krämer. Es mochten wohl an fünfzig Menſchen aller Art oben verſammelt ſeyn, in deren Geſichtern Neugier, Befremden, Spannung ſich auf die man- nichfaltigſte Weiſe kund gaben. So weit wie heute hatte ſich die Thaumaturgie noch nicht in die Kreiſe des profanen Lebens gewagt; ſchon das mußte alle

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/348
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/348>, abgerufen am 23.12.2024.