drei Rangelassen in den Thronfarben anliefen, näm- lich braun und blau.
Der alte Baron versetzte: Das sei gar nichts; die Färbung der Haut möge wohl von einem Aus- schlage, von einer Art Nesselsucht herrühren; der- gleichen pflege sich rasch wieder zu verlieren. Er habe einmal gesehen -- -- --
Münchhausen erzählte vom tiefsinnigen polnischen Starosten, der ein tiefsinniges Buch über die Kunst der Gegenwart geschrieben, und selber aus Kunst- enthusiasmus in Tiefsinn verfallen sei, worin er sich für einen Pinsel gehalten habe und zwar für den Pinsel seines Lieblingsmalers. Die Geschichte war wirklich anmuthig und lieblich anzuhören, denn sie lehrte weiter, daß der tiefsinnige Pole oder polnische Tiefsinn als Pinsel gerade so sich be- nommen und ausgedrückt habe, wie früherhin, so daß zwischen dem ehemaligen Starosten und nach- maligen Pinsel durchaus kein Unterschied bemerk- bar gewesen sei. Er folge, sagte Münchhausen, in diesen Angaben nur dem Kammerdiener des Po- lacken, dem grimmen Hagen aus Nibelungenland, welcher für eine Zulage von sechs polnischen Gul- den zum Jahresliedlohn das tiefsinnige Buch
drei Rangelaſſen in den Thronfarben anliefen, näm- lich braun und blau.
Der alte Baron verſetzte: Das ſei gar nichts; die Färbung der Haut möge wohl von einem Aus- ſchlage, von einer Art Neſſelſucht herrühren; der- gleichen pflege ſich raſch wieder zu verlieren. Er habe einmal geſehen — — —
Münchhauſen erzählte vom tiefſinnigen polniſchen Staroſten, der ein tiefſinniges Buch über die Kunſt der Gegenwart geſchrieben, und ſelber aus Kunſt- enthuſiasmus in Tiefſinn verfallen ſei, worin er ſich für einen Pinſel gehalten habe und zwar für den Pinſel ſeines Lieblingsmalers. Die Geſchichte war wirklich anmuthig und lieblich anzuhören, denn ſie lehrte weiter, daß der tiefſinnige Pole oder polniſche Tiefſinn als Pinſel gerade ſo ſich be- nommen und ausgedrückt habe, wie früherhin, ſo daß zwiſchen dem ehemaligen Staroſten und nach- maligen Pinſel durchaus kein Unterſchied bemerk- bar geweſen ſei. Er folge, ſagte Münchhauſen, in dieſen Angaben nur dem Kammerdiener des Po- lacken, dem grimmen Hagen aus Nibelungenland, welcher für eine Zulage von ſechs polniſchen Gul- den zum Jahresliedlohn das tiefſinnige Buch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0066"n="48"/>
drei Rangelaſſen in den Thronfarben anliefen, näm-<lb/>
lich braun und blau.</p><lb/><p>Der alte Baron verſetzte: Das ſei gar nichts;<lb/>
die Färbung der Haut möge wohl von einem Aus-<lb/>ſchlage, von einer Art Neſſelſucht herrühren; der-<lb/>
gleichen pflege ſich raſch wieder zu verlieren. Er<lb/>
habe einmal geſehen ———</p><lb/><p>Münchhauſen erzählte vom tiefſinnigen polniſchen<lb/>
Staroſten, der ein tiefſinniges Buch über die Kunſt<lb/>
der Gegenwart geſchrieben, und ſelber aus Kunſt-<lb/>
enthuſiasmus in Tiefſinn verfallen ſei, worin er<lb/>ſich für einen Pinſel gehalten habe und zwar für<lb/>
den Pinſel ſeines Lieblingsmalers. Die Geſchichte<lb/>
war wirklich anmuthig und lieblich anzuhören, denn<lb/>ſie lehrte weiter, daß der tiefſinnige Pole oder<lb/>
polniſche Tiefſinn als Pinſel gerade ſo ſich be-<lb/>
nommen und ausgedrückt habe, wie früherhin, ſo<lb/>
daß zwiſchen dem ehemaligen Staroſten und nach-<lb/>
maligen Pinſel durchaus kein Unterſchied bemerk-<lb/>
bar geweſen ſei. Er folge, ſagte Münchhauſen,<lb/>
in dieſen Angaben nur dem Kammerdiener des Po-<lb/>
lacken, dem grimmen Hagen aus Nibelungenland,<lb/>
welcher für eine Zulage von ſechs polniſchen Gul-<lb/>
den zum Jahresliedlohn das tiefſinnige Buch<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[48/0066]
drei Rangelaſſen in den Thronfarben anliefen, näm-
lich braun und blau.
Der alte Baron verſetzte: Das ſei gar nichts;
die Färbung der Haut möge wohl von einem Aus-
ſchlage, von einer Art Neſſelſucht herrühren; der-
gleichen pflege ſich raſch wieder zu verlieren. Er
habe einmal geſehen — — —
Münchhauſen erzählte vom tiefſinnigen polniſchen
Staroſten, der ein tiefſinniges Buch über die Kunſt
der Gegenwart geſchrieben, und ſelber aus Kunſt-
enthuſiasmus in Tiefſinn verfallen ſei, worin er
ſich für einen Pinſel gehalten habe und zwar für
den Pinſel ſeines Lieblingsmalers. Die Geſchichte
war wirklich anmuthig und lieblich anzuhören, denn
ſie lehrte weiter, daß der tiefſinnige Pole oder
polniſche Tiefſinn als Pinſel gerade ſo ſich be-
nommen und ausgedrückt habe, wie früherhin, ſo
daß zwiſchen dem ehemaligen Staroſten und nach-
maligen Pinſel durchaus kein Unterſchied bemerk-
bar geweſen ſei. Er folge, ſagte Münchhauſen,
in dieſen Angaben nur dem Kammerdiener des Po-
lacken, dem grimmen Hagen aus Nibelungenland,
welcher für eine Zulage von ſechs polniſchen Gul-
den zum Jahresliedlohn das tiefſinnige Buch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/66>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.