zwar für's Erste Phidias. Natürlich auch durch höhere Richtung, Vorsatz und Erleuchtung von Oben. Ich schlief eines Abends mit diesem Gedanken in einem Butterkeller ein. Wie ich hinein gekommen, gehört nicht zur Sache; genug, ich schlief im But- terkeller. In der Nacht hatte ich Träume von Gotter- und Heldengeschichten, merkte wohl, daß ich mit den Fäusten umherhandthierte, wußte aber doch nicht, was ich eigentlich machte, weil ich immer halb im Schlaf blieb. Am andern Morgen kam der Butterhändler in den Keller, mit der Lampe, leuchtete umher und schrie: Herr Jemine, was ist aus der Butter geworden! -- Ich wachte nun auf, sah mich um und erstaunt' ein wenig, denn siehe da, ich hatte im Schlaf, bloß mit der Hand die Gruppe der Centauren und Lapithen gebildet aus Butter, im ersten, strengen, erhabenen Styl. Die Topfe waren alle leer, so hatte ich in der Butter gewirthschaftet. Mein Butterhändler wollt' anfangs keifen, nachher beruhigte er sich, weil er merkte, daß mit dem Werke ein gut Stück Geld zu ver- dienen sei. Wir trugen die Buttergruppe vorsichtig die Treppe hinauf und setzten sie in die Sonne, um ihr die rechte Beleuchtung zu geben. Das war
zwar für’s Erſte Phidias. Natürlich auch durch höhere Richtung, Vorſatz und Erleuchtung von Oben. Ich ſchlief eines Abends mit dieſem Gedanken in einem Butterkeller ein. Wie ich hinein gekommen, gehört nicht zur Sache; genug, ich ſchlief im But- terkeller. In der Nacht hatte ich Träume von Gotter- und Heldengeſchichten, merkte wohl, daß ich mit den Fäuſten umherhandthierte, wußte aber doch nicht, was ich eigentlich machte, weil ich immer halb im Schlaf blieb. Am andern Morgen kam der Butterhändler in den Keller, mit der Lampe, leuchtete umher und ſchrie: Herr Jemine, was iſt aus der Butter geworden! — Ich wachte nun auf, ſah mich um und erſtaunt’ ein wenig, denn ſiehe da, ich hatte im Schlaf, bloß mit der Hand die Gruppe der Centauren und Lapithen gebildet aus Butter, im erſten, ſtrengen, erhabenen Styl. Die Topfe waren alle leer, ſo hatte ich in der Butter gewirthſchaftet. Mein Butterhändler wollt’ anfangs keifen, nachher beruhigte er ſich, weil er merkte, daß mit dem Werke ein gut Stück Geld zu ver- dienen ſei. Wir trugen die Buttergruppe vorſichtig die Treppe hinauf und ſetzten ſie in die Sonne, um ihr die rechte Beleuchtung zu geben. Das war
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zwar für’s Erſte Phidias. Natürlich auch durch
höhere Richtung, Vorſatz und Erleuchtung von Oben.
Ich ſchlief eines Abends mit dieſem Gedanken in
einem Butterkeller ein. Wie ich hinein gekommen,
gehört nicht zur Sache; genug, ich ſchlief im But-
terkeller. In der Nacht hatte ich Träume von
Gotter- und Heldengeſchichten, merkte wohl, daß
ich mit den Fäuſten umherhandthierte, wußte aber
doch nicht, was ich eigentlich machte, weil ich immer
halb im Schlaf blieb. Am andern Morgen kam
der Butterhändler in den Keller, mit der Lampe,
leuchtete umher und ſchrie: Herr Jemine, was iſt
aus der Butter geworden! — Ich wachte nun auf,
ſah mich um und erſtaunt’ ein wenig, denn ſiehe
da, ich hatte im Schlaf, bloß mit der Hand die
Gruppe der Centauren und Lapithen gebildet aus
Butter, im erſten, ſtrengen, erhabenen Styl. Die
Topfe waren alle leer, ſo hatte ich in der Butter
gewirthſchaftet. Mein Butterhändler wollt’ anfangs
keifen, nachher beruhigte er ſich, weil er merkte,
daß mit dem Werke ein gut Stück Geld zu ver-
dienen ſei. Wir trugen die Buttergruppe vorſichtig
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/68>, abgerufen am 22.12.2024.
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