Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

und befreit, so mußt du ihm für diese überschwäng-
liche Wohlthat angehören, denn du hast es gelobt.
-- Er hat mich nicht geweckt!

Ich, ich habe dich geweckt, mein theures Lieb,
und nicht mit Zauberspruch und Segen, nein, mit
heißem Kuß auf deine rothen Lippen! rief der junge
Ritter entzückt und hielt die schöne Emma fest
umschlungen. -- Das sind wohl rechte Wunder im
Spessart gewesen, die uns zusammengeführt haben.
Ich hatte mich draußen am Heerweg von meinem
geliebten Freunde Petrus getrennt nach seltsamen
verfänglichen Gesprächen. Als ich einige hundert
Schritte geritten war, überfiel mich noch einmal
eine große Sorge um ihn, ich saß ab und wollte
wiederholt ihm ans Herz legen, seine dunkelen Wege
zu lassen und mit mir gen Maynz zu ziehen. Als
ich mich wandte, sah ich ihn in den Wald schlüp-
fen. Ich rief seinen Namen, er aber hörte mich
nicht. Die Sporen verhinderten mich am raschen
Gehen; ich konnte ihm nur von Weitem folgen,
doch ließ ich nicht ab, hinter ihm her zu rufen,
was aber vergeblich blieb. Endlich verschwand mir
sein schwarzer Mantel zwischen den Bäumen. Auch
ich sah die schöne grüne Wiese schimmern und

und befreit, ſo mußt du ihm für dieſe überſchwäng-
liche Wohlthat angehören, denn du haſt es gelobt.
— Er hat mich nicht geweckt!

Ich, ich habe dich geweckt, mein theures Lieb,
und nicht mit Zauberſpruch und Segen, nein, mit
heißem Kuß auf deine rothen Lippen! rief der junge
Ritter entzückt und hielt die ſchöne Emma feſt
umſchlungen. — Das ſind wohl rechte Wunder im
Speſſart geweſen, die uns zuſammengeführt haben.
Ich hatte mich draußen am Heerweg von meinem
geliebten Freunde Petrus getrennt nach ſeltſamen
verfänglichen Geſprächen. Als ich einige hundert
Schritte geritten war, überfiel mich noch einmal
eine große Sorge um ihn, ich ſaß ab und wollte
wiederholt ihm ans Herz legen, ſeine dunkelen Wege
zu laſſen und mit mir gen Maynz zu ziehen. Als
ich mich wandte, ſah ich ihn in den Wald ſchlüp-
fen. Ich rief ſeinen Namen, er aber hörte mich
nicht. Die Sporen verhinderten mich am raſchen
Gehen; ich konnte ihm nur von Weitem folgen,
doch ließ ich nicht ab, hinter ihm her zu rufen,
was aber vergeblich blieb. Endlich verſchwand mir
ſein ſchwarzer Mantel zwiſchen den Bäumen. Auch
ich ſah die ſchöne grüne Wieſe ſchimmern und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0195" n="181"/>
und befreit, &#x017F;o mußt du ihm für die&#x017F;e über&#x017F;chwäng-<lb/>
liche Wohlthat angehören, denn du ha&#x017F;t es gelobt.<lb/>
&#x2014; Er hat mich nicht geweckt!</p><lb/>
          <p>Ich, ich habe dich geweckt, mein theures Lieb,<lb/>
und nicht mit Zauber&#x017F;pruch und Segen, nein, mit<lb/>
heißem Kuß auf deine rothen Lippen! rief der junge<lb/>
Ritter entzückt und hielt die &#x017F;chöne Emma fe&#x017F;t<lb/>
um&#x017F;chlungen. &#x2014; Das &#x017F;ind wohl rechte Wunder im<lb/>
Spe&#x017F;&#x017F;art gewe&#x017F;en, die uns zu&#x017F;ammengeführt haben.<lb/>
Ich hatte mich draußen am Heerweg von meinem<lb/>
geliebten Freunde Petrus getrennt nach &#x017F;elt&#x017F;amen<lb/>
verfänglichen Ge&#x017F;prächen. Als ich einige hundert<lb/>
Schritte geritten war, überfiel mich noch einmal<lb/>
eine große Sorge um ihn, ich &#x017F;aß ab und wollte<lb/>
wiederholt ihm ans Herz legen, &#x017F;eine dunkelen Wege<lb/>
zu la&#x017F;&#x017F;en und mit mir gen Maynz zu ziehen. Als<lb/>
ich mich wandte, &#x017F;ah ich ihn in den Wald &#x017F;chlüp-<lb/>
fen. Ich rief &#x017F;einen Namen, er aber hörte mich<lb/>
nicht. Die Sporen verhinderten mich am ra&#x017F;chen<lb/>
Gehen; ich konnte ihm nur von Weitem folgen,<lb/>
doch ließ ich nicht ab, hinter ihm her zu rufen,<lb/>
was aber vergeblich blieb. Endlich ver&#x017F;chwand mir<lb/>
&#x017F;ein &#x017F;chwarzer Mantel zwi&#x017F;chen den Bäumen. Auch<lb/>
ich &#x017F;ah die &#x017F;chöne grüne Wie&#x017F;e &#x017F;chimmern und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[181/0195] und befreit, ſo mußt du ihm für dieſe überſchwäng- liche Wohlthat angehören, denn du haſt es gelobt. — Er hat mich nicht geweckt! Ich, ich habe dich geweckt, mein theures Lieb, und nicht mit Zauberſpruch und Segen, nein, mit heißem Kuß auf deine rothen Lippen! rief der junge Ritter entzückt und hielt die ſchöne Emma feſt umſchlungen. — Das ſind wohl rechte Wunder im Speſſart geweſen, die uns zuſammengeführt haben. Ich hatte mich draußen am Heerweg von meinem geliebten Freunde Petrus getrennt nach ſeltſamen verfänglichen Geſprächen. Als ich einige hundert Schritte geritten war, überfiel mich noch einmal eine große Sorge um ihn, ich ſaß ab und wollte wiederholt ihm ans Herz legen, ſeine dunkelen Wege zu laſſen und mit mir gen Maynz zu ziehen. Als ich mich wandte, ſah ich ihn in den Wald ſchlüp- fen. Ich rief ſeinen Namen, er aber hörte mich nicht. Die Sporen verhinderten mich am raſchen Gehen; ich konnte ihm nur von Weitem folgen, doch ließ ich nicht ab, hinter ihm her zu rufen, was aber vergeblich blieb. Endlich verſchwand mir ſein ſchwarzer Mantel zwiſchen den Bäumen. Auch ich ſah die ſchöne grüne Wieſe ſchimmern und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/195
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/195>, abgerufen am 24.11.2024.