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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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Jacke gleichen Stoffes und gleicher Farbe folgen.
Darauf beschäftigten sich beide mit dem Haare,
welches zurückgestrichen und hinten in einer Art
von Rad zusammengeflochten wurde.

Während dieser Zurüstungen sagte die Braut
kein Wort. Desto gesprächiger waren ihre Freun-
dinnen. Sie lobten den Putz, priesen die aufge-
stapelten Schätze, und hin und wieder ließ ein
verstohlener Seufzer ahnen, daß sie lieber Ge-
schmückte als Schmückende gewesen wären. Un-
erschöpflich waren sie in Hochzeitsgeschichten, welche
jedoch sämmtlich darauf hinausliefen, daß die und
die dasselbe angezogen habe, was nun auch die
Tochter vom Oberhofe der Landessitte gemäß zu
tragen hatte. Als diese Erzählungen endlich doch
versiegten, kam das Ausbleiben der dritten Braut-
jungfer an die Reihe. Sie hatte sich unpaß mel-
den, jedoch zugleich sagen lassen, sie werde wohl
noch im Stande seyn, zu kommen, wenn auch später
als die Andern. Nun war es aber schon zehn Uhr
Vormittags, in einer halben Stunde mußte die
Glocke anfangen zur Trauung zu läuten, es war
die höchste Zeit, daß die dritte erschien, ohne welche
die Braut für nicht gehörig begleitet gelten konnte.

Jacke gleichen Stoffes und gleicher Farbe folgen.
Darauf beſchäftigten ſich beide mit dem Haare,
welches zurückgeſtrichen und hinten in einer Art
von Rad zuſammengeflochten wurde.

Während dieſer Zurüſtungen ſagte die Braut
kein Wort. Deſto geſprächiger waren ihre Freun-
dinnen. Sie lobten den Putz, prieſen die aufge-
ſtapelten Schätze, und hin und wieder ließ ein
verſtohlener Seufzer ahnen, daß ſie lieber Ge-
ſchmückte als Schmückende geweſen wären. Un-
erſchöpflich waren ſie in Hochzeitsgeſchichten, welche
jedoch ſämmtlich darauf hinausliefen, daß die und
die daſſelbe angezogen habe, was nun auch die
Tochter vom Oberhofe der Landesſitte gemäß zu
tragen hatte. Als dieſe Erzählungen endlich doch
verſiegten, kam das Ausbleiben der dritten Braut-
jungfer an die Reihe. Sie hatte ſich unpaß mel-
den, jedoch zugleich ſagen laſſen, ſie werde wohl
noch im Stande ſeyn, zu kommen, wenn auch ſpäter
als die Andern. Nun war es aber ſchon zehn Uhr
Vormittags, in einer halben Stunde mußte die
Glocke anfangen zur Trauung zu läuten, es war
die höchſte Zeit, daß die dritte erſchien, ohne welche
die Braut für nicht gehörig begleitet gelten konnte.

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[24/0038] Jacke gleichen Stoffes und gleicher Farbe folgen. Darauf beſchäftigten ſich beide mit dem Haare, welches zurückgeſtrichen und hinten in einer Art von Rad zuſammengeflochten wurde. Während dieſer Zurüſtungen ſagte die Braut kein Wort. Deſto geſprächiger waren ihre Freun- dinnen. Sie lobten den Putz, prieſen die aufge- ſtapelten Schätze, und hin und wieder ließ ein verſtohlener Seufzer ahnen, daß ſie lieber Ge- ſchmückte als Schmückende geweſen wären. Un- erſchöpflich waren ſie in Hochzeitsgeſchichten, welche jedoch ſämmtlich darauf hinausliefen, daß die und die daſſelbe angezogen habe, was nun auch die Tochter vom Oberhofe der Landesſitte gemäß zu tragen hatte. Als dieſe Erzählungen endlich doch verſiegten, kam das Ausbleiben der dritten Braut- jungfer an die Reihe. Sie hatte ſich unpaß mel- den, jedoch zugleich ſagen laſſen, ſie werde wohl noch im Stande ſeyn, zu kommen, wenn auch ſpäter als die Andern. Nun war es aber ſchon zehn Uhr Vormittags, in einer halben Stunde mußte die Glocke anfangen zur Trauung zu läuten, es war die höchſte Zeit, daß die dritte erſchien, ohne welche die Braut für nicht gehörig begleitet gelten konnte.

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/38>, abgerufen am 21.11.2024.