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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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Der Schriftsteller trat drei Schritte zurück. --
Nein, das wollen wir hübsch bleiben lassen! rief
er so tönend, daß es durch das Gewölbe hallte.
Alles muß seine Grenzen haben.

Wofern Ihr das nicht wollt, so verschafft mir
wenigstens einen Mantel und einen Hut, damit
ich mich anständig sehen lassen kann, sagte der
Freiherr.

Der Andere wandte sich, stieg aus der Krypte
empor, um das Begehrte herbeizuschaffen. Er war
jedoch kaum oben angelangt, als er ein heftiges
Getöse unten vernahm. Es war, als ob Steine
von ihrem Orte gebrochen würden und dann schol-
lernd niederfielen. Sogleich eilte er, schlimmer
Ahnung voll, in die Kluft zurück. Münchhausen
war von seinem Sitze verschwunden. Der Andere sah
sich um; nirgends war er zu erblicken. Er rief; es
erfolgte aber keine Antwort. Er suchte hinter den
Pfeilern, in den Seitennischen hinter den Grab-
mälern, bei den Steinhaufen; vergebens! Der
Freiherr hatte sich nirgends versteckt.

Nach der Schenke zurückgekehrt, bewog er einige
Bauern, ihm mit Laternen und Windlichtern zu
folgen. Bei deren Scheine wurde nun eine zweite

Der Schriftſteller trat drei Schritte zurück. —
Nein, das wollen wir hübſch bleiben laſſen! rief
er ſo tönend, daß es durch das Gewölbe hallte.
Alles muß ſeine Grenzen haben.

Wofern Ihr das nicht wollt, ſo verſchafft mir
wenigſtens einen Mantel und einen Hut, damit
ich mich anſtändig ſehen laſſen kann, ſagte der
Freiherr.

Der Andere wandte ſich, ſtieg aus der Krypte
empor, um das Begehrte herbeizuſchaffen. Er war
jedoch kaum oben angelangt, als er ein heftiges
Getöſe unten vernahm. Es war, als ob Steine
von ihrem Orte gebrochen würden und dann ſchol-
lernd niederfielen. Sogleich eilte er, ſchlimmer
Ahnung voll, in die Kluft zurück. Münchhauſen
war von ſeinem Sitze verſchwunden. Der Andere ſah
ſich um; nirgends war er zu erblicken. Er rief; es
erfolgte aber keine Antwort. Er ſuchte hinter den
Pfeilern, in den Seitenniſchen hinter den Grab-
mälern, bei den Steinhaufen; vergebens! Der
Freiherr hatte ſich nirgends verſteckt.

Nach der Schenke zurückgekehrt, bewog er einige
Bauern, ihm mit Laternen und Windlichtern zu
folgen. Bei deren Scheine wurde nun eine zweite

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[441/0455] Der Schriftſteller trat drei Schritte zurück. — Nein, das wollen wir hübſch bleiben laſſen! rief er ſo tönend, daß es durch das Gewölbe hallte. Alles muß ſeine Grenzen haben. Wofern Ihr das nicht wollt, ſo verſchafft mir wenigſtens einen Mantel und einen Hut, damit ich mich anſtändig ſehen laſſen kann, ſagte der Freiherr. Der Andere wandte ſich, ſtieg aus der Krypte empor, um das Begehrte herbeizuſchaffen. Er war jedoch kaum oben angelangt, als er ein heftiges Getöſe unten vernahm. Es war, als ob Steine von ihrem Orte gebrochen würden und dann ſchol- lernd niederfielen. Sogleich eilte er, ſchlimmer Ahnung voll, in die Kluft zurück. Münchhauſen war von ſeinem Sitze verſchwunden. Der Andere ſah ſich um; nirgends war er zu erblicken. Er rief; es erfolgte aber keine Antwort. Er ſuchte hinter den Pfeilern, in den Seitenniſchen hinter den Grab- mälern, bei den Steinhaufen; vergebens! Der Freiherr hatte ſich nirgends verſteckt. Nach der Schenke zurückgekehrt, bewog er einige Bauern, ihm mit Laternen und Windlichtern zu folgen. Bei deren Scheine wurde nun eine zweite

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/455>, abgerufen am 24.11.2024.