stand augenblicklich der wildeste Tumult. Sämmt- liche Knittelträger und Knittelträgerinnen stürzten schreiend und tobend und ihre Waffen schwingend nach vorwärts, der Herr vom Hofe aber war über mehrere Bänke mit drei Sätzen seitwärts nach der Kanzel zu gesprungen, erstieg dieselbe im Nu und rief von diesem erhöhten Standpuncte mit lauter Stimme in die tobende Menge hinunter: Ich rathe Euch, mich nicht anzutasten! Ich hege die besten und herablassendsten Gesinnungen gegen Euch, aber jede mir zugefügte Beleidigung wird der Monarch ahnden, wie eine ihm selbst wider- fahrene.
Die Bauern aber hörten nach dieser Rede nicht hin, von ihrem Vorhaben begeistert. Sie rannten dem Altare zu, und unterweges bekam schon Dieser und Jener unabsichtliche Prügel, bevor das eigent- liche Ziel derselben erreicht war. Dieses war der Bräutigam. Die Hände über den Kopf schlagend, bahnte er sich mit aller Anstrengung eine Gasse durch die Menge, welche ihre Knittel auf seinem Rücken, seinen Schultern und überhaupt aller Orten, wo Platz war, tanzen ließ. Er lief, sich gewalt- sam Raum schaffend, nach der Kirchthüre zu, hatte
5*
ſtand augenblicklich der wildeſte Tumult. Sämmt- liche Knittelträger und Knittelträgerinnen ſtürzten ſchreiend und tobend und ihre Waffen ſchwingend nach vorwärts, der Herr vom Hofe aber war über mehrere Bänke mit drei Sätzen ſeitwärts nach der Kanzel zu geſprungen, erſtieg dieſelbe im Nu und rief von dieſem erhöhten Standpuncte mit lauter Stimme in die tobende Menge hinunter: Ich rathe Euch, mich nicht anzutaſten! Ich hege die beſten und herablaſſendſten Geſinnungen gegen Euch, aber jede mir zugefügte Beleidigung wird der Monarch ahnden, wie eine ihm ſelbſt wider- fahrene.
Die Bauern aber hörten nach dieſer Rede nicht hin, von ihrem Vorhaben begeiſtert. Sie rannten dem Altare zu, und unterweges bekam ſchon Dieſer und Jener unabſichtliche Prügel, bevor das eigent- liche Ziel derſelben erreicht war. Dieſes war der Bräutigam. Die Hände über den Kopf ſchlagend, bahnte er ſich mit aller Anſtrengung eine Gaſſe durch die Menge, welche ihre Knittel auf ſeinem Rücken, ſeinen Schultern und überhaupt aller Orten, wo Platz war, tanzen ließ. Er lief, ſich gewalt- ſam Raum ſchaffend, nach der Kirchthüre zu, hatte
5*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0081"n="67"/>ſtand augenblicklich der wildeſte Tumult. Sämmt-<lb/>
liche Knittelträger und Knittelträgerinnen ſtürzten<lb/>ſchreiend und tobend und ihre Waffen ſchwingend<lb/>
nach vorwärts, der Herr vom Hofe aber war über<lb/>
mehrere Bänke mit drei Sätzen ſeitwärts nach der<lb/>
Kanzel zu geſprungen, erſtieg dieſelbe im Nu<lb/>
und rief von dieſem erhöhten Standpuncte mit<lb/>
lauter Stimme in die tobende Menge hinunter:<lb/>
Ich rathe Euch, mich nicht anzutaſten! Ich hege<lb/>
die beſten und herablaſſendſten Geſinnungen gegen<lb/>
Euch, aber jede mir zugefügte Beleidigung wird<lb/>
der Monarch ahnden, wie eine ihm ſelbſt wider-<lb/>
fahrene.</p><lb/><p>Die Bauern aber hörten nach dieſer Rede nicht<lb/>
hin, von ihrem Vorhaben begeiſtert. Sie rannten<lb/>
dem Altare zu, und unterweges bekam ſchon Dieſer<lb/>
und Jener unabſichtliche Prügel, bevor das eigent-<lb/>
liche Ziel derſelben erreicht war. Dieſes war der<lb/>
Bräutigam. Die Hände über den Kopf ſchlagend,<lb/>
bahnte er ſich mit aller Anſtrengung eine Gaſſe<lb/>
durch die Menge, welche ihre Knittel auf ſeinem<lb/>
Rücken, ſeinen Schultern und überhaupt aller Orten,<lb/>
wo Platz war, tanzen ließ. Er lief, ſich gewalt-<lb/>ſam Raum ſchaffend, nach der Kirchthüre zu, hatte<lb/><fwplace="bottom"type="sig">5*</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[67/0081]
ſtand augenblicklich der wildeſte Tumult. Sämmt-
liche Knittelträger und Knittelträgerinnen ſtürzten
ſchreiend und tobend und ihre Waffen ſchwingend
nach vorwärts, der Herr vom Hofe aber war über
mehrere Bänke mit drei Sätzen ſeitwärts nach der
Kanzel zu geſprungen, erſtieg dieſelbe im Nu
und rief von dieſem erhöhten Standpuncte mit
lauter Stimme in die tobende Menge hinunter:
Ich rathe Euch, mich nicht anzutaſten! Ich hege
die beſten und herablaſſendſten Geſinnungen gegen
Euch, aber jede mir zugefügte Beleidigung wird
der Monarch ahnden, wie eine ihm ſelbſt wider-
fahrene.
Die Bauern aber hörten nach dieſer Rede nicht
hin, von ihrem Vorhaben begeiſtert. Sie rannten
dem Altare zu, und unterweges bekam ſchon Dieſer
und Jener unabſichtliche Prügel, bevor das eigent-
liche Ziel derſelben erreicht war. Dieſes war der
Bräutigam. Die Hände über den Kopf ſchlagend,
bahnte er ſich mit aller Anſtrengung eine Gaſſe
durch die Menge, welche ihre Knittel auf ſeinem
Rücken, ſeinen Schultern und überhaupt aller Orten,
wo Platz war, tanzen ließ. Er lief, ſich gewalt-
ſam Raum ſchaffend, nach der Kirchthüre zu, hatte
5*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/81>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.