Hergebrachten gewahrte. Er stieß einen tiefen Seufzer aus, welches bei ihm ein Zeichen verhal- tenen Zornes war, bezwang sich indessen und äußerte gegen den Hauptmann, der ihn militairisch kurz fragte, ob er des Henkers gewesen sei, daß er seine Freunde aus der Stadt habe am Heerde rösten wollen? mit gehaltener Höflichkeit: Wie die Herrschaften es sich am liebsten einrichteten, so sei es ihm auch recht und angenehm.
Aber dem Diaconus, der ihn darauf bei Seite nahm, um eine Angelegenheit von Wichtigkeit mit ihm zu ordnen, hielt er desto hartnäckiger Stich. Der Diaconus wollte nämlich seinen unglücklichen Küster von dem Aufwartedienste frei haben, weil er wirklich befürchtete, daß das Ehr- und Rechts- gefühl dieses Mannes es auf den äußersten Wider- stand ankommen lassen und vielleicht die völlige Störung des ganzen Hochzeitfestes herbeiführen werde. Bei diesem Puncte fühlte sich jedoch der Hofschulze zu fest in seinen begründeten Ansprü- chen und verblieb unweigerlich dabei, daß der Küster die Gäste bedienen müsse, da der alte Schulmeister gestorben und ein neuer noch nicht angekommen sei. Aus seinen Reden ging hervor, daß er einen Küster
Hergebrachten gewahrte. Er ſtieß einen tiefen Seufzer aus, welches bei ihm ein Zeichen verhal- tenen Zornes war, bezwang ſich indeſſen und äußerte gegen den Hauptmann, der ihn militairiſch kurz fragte, ob er des Henkers geweſen ſei, daß er ſeine Freunde aus der Stadt habe am Heerde röſten wollen? mit gehaltener Höflichkeit: Wie die Herrſchaften es ſich am liebſten einrichteten, ſo ſei es ihm auch recht und angenehm.
Aber dem Diaconus, der ihn darauf bei Seite nahm, um eine Angelegenheit von Wichtigkeit mit ihm zu ordnen, hielt er deſto hartnäckiger Stich. Der Diaconus wollte nämlich ſeinen unglücklichen Küſter von dem Aufwartedienſte frei haben, weil er wirklich befürchtete, daß das Ehr- und Rechts- gefühl dieſes Mannes es auf den äußerſten Wider- ſtand ankommen laſſen und vielleicht die völlige Störung des ganzen Hochzeitfeſtes herbeiführen werde. Bei dieſem Puncte fühlte ſich jedoch der Hofſchulze zu feſt in ſeinen begründeten Anſprü- chen und verblieb unweigerlich dabei, daß der Küſter die Gäſte bedienen müſſe, da der alte Schulmeiſter geſtorben und ein neuer noch nicht angekommen ſei. Aus ſeinen Reden ging hervor, daß er einen Küſter
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Hergebrachten gewahrte. Er ſtieß einen tiefen
Seufzer aus, welches bei ihm ein Zeichen verhal-
tenen Zornes war, bezwang ſich indeſſen und äußerte
gegen den Hauptmann, der ihn militairiſch kurz
fragte, ob er des Henkers geweſen ſei, daß er
ſeine Freunde aus der Stadt habe am Heerde
röſten wollen? mit gehaltener Höflichkeit: Wie die
Herrſchaften es ſich am liebſten einrichteten, ſo
ſei es ihm auch recht und angenehm.
Aber dem Diaconus, der ihn darauf bei Seite
nahm, um eine Angelegenheit von Wichtigkeit mit
ihm zu ordnen, hielt er deſto hartnäckiger Stich.
Der Diaconus wollte nämlich ſeinen unglücklichen
Küſter von dem Aufwartedienſte frei haben, weil
er wirklich befürchtete, daß das Ehr- und Rechts-
gefühl dieſes Mannes es auf den äußerſten Wider-
ſtand ankommen laſſen und vielleicht die völlige
Störung des ganzen Hochzeitfeſtes herbeiführen
werde. Bei dieſem Puncte fühlte ſich jedoch der
Hofſchulze zu feſt in ſeinen begründeten Anſprü-
chen und verblieb unweigerlich dabei, daß der Küſter
die Gäſte bedienen müſſe, da der alte Schulmeiſter
geſtorben und ein neuer noch nicht angekommen ſei.
Aus ſeinen Reden ging hervor, daß er einen Küſter
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/96>, abgerufen am 24.11.2024.
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