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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

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Manier zugehen. Jetzt höret mich an, junger Herr
Graf oder Fürst, oder wer Ihr sonst seyn möget,
denn es kann sich treffen, daß ich auf dieser Kam-
mer liegen bleibe, und drum ist mir sehr vonnöthen,
daß Ihr eine gute Meinung von mir heget und
behaltet. Das Gemüthe des Menschen kann ein
Vieles ertragen, aber vom Uebermaaß wird es
in die Desperation gethan. Ich bin desperat,
Herre, und kann dafür nichts. Meine Seele ist
voll Nöthe und Pein und schreit wie ein Hirsch
nach der Wasserquelle. Es ist zu viel Kreuz und
Herzeleid über mich gekommen in diesen Paar
Tagen und das Letzte war das Schlimmste. Mein
Schwert ist mir gestohlen, mein Schwert! mein
Schwert! Das Schwert von Carolus Magnus!
Ich bin wie Asche und Scherben, wenn ich daran
gedenke. Nun behorchen Sie auch noch die Heim-
lichkeit, meine Heimlichkeit! Ei, Herre, war das
Recht? Nachdem ich Ihnen Logement gegeben
manchen Tag und mich ganz in der Ordnung mit
Ihnen betragen? Sie werden es ausbringen und
haben uns eine Schande angethan, eine Schande,
daß mir zu Muthe ist, als wäre meiner Tochter
durch Sie Gewalt geschehen --


Manier zugehen. Jetzt höret mich an, junger Herr
Graf oder Fürſt, oder wer Ihr ſonſt ſeyn möget,
denn es kann ſich treffen, daß ich auf dieſer Kam-
mer liegen bleibe, und drum iſt mir ſehr vonnöthen,
daß Ihr eine gute Meinung von mir heget und
behaltet. Das Gemüthe des Menſchen kann ein
Vieles ertragen, aber vom Uebermaaß wird es
in die Deſperation gethan. Ich bin deſperat,
Herre, und kann dafür nichts. Meine Seele iſt
voll Nöthe und Pein und ſchreit wie ein Hirſch
nach der Waſſerquelle. Es iſt zu viel Kreuz und
Herzeleid über mich gekommen in dieſen Paar
Tagen und das Letzte war das Schlimmſte. Mein
Schwert iſt mir geſtohlen, mein Schwert! mein
Schwert! Das Schwert von Carolus Magnus!
Ich bin wie Aſche und Scherben, wenn ich daran
gedenke. Nun behorchen Sie auch noch die Heim-
lichkeit, meine Heimlichkeit! Ei, Herre, war das
Recht? Nachdem ich Ihnen Logement gegeben
manchen Tag und mich ganz in der Ordnung mit
Ihnen betragen? Sie werden es ausbringen und
haben uns eine Schande angethan, eine Schande,
daß mir zu Muthe iſt, als wäre meiner Tochter
durch Sie Gewalt geſchehen —


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[132/0144] Manier zugehen. Jetzt höret mich an, junger Herr Graf oder Fürſt, oder wer Ihr ſonſt ſeyn möget, denn es kann ſich treffen, daß ich auf dieſer Kam- mer liegen bleibe, und drum iſt mir ſehr vonnöthen, daß Ihr eine gute Meinung von mir heget und behaltet. Das Gemüthe des Menſchen kann ein Vieles ertragen, aber vom Uebermaaß wird es in die Deſperation gethan. Ich bin deſperat, Herre, und kann dafür nichts. Meine Seele iſt voll Nöthe und Pein und ſchreit wie ein Hirſch nach der Waſſerquelle. Es iſt zu viel Kreuz und Herzeleid über mich gekommen in dieſen Paar Tagen und das Letzte war das Schlimmſte. Mein Schwert iſt mir geſtohlen, mein Schwert! mein Schwert! Das Schwert von Carolus Magnus! Ich bin wie Aſche und Scherben, wenn ich daran gedenke. Nun behorchen Sie auch noch die Heim- lichkeit, meine Heimlichkeit! Ei, Herre, war das Recht? Nachdem ich Ihnen Logement gegeben manchen Tag und mich ganz in der Ordnung mit Ihnen betragen? Sie werden es ausbringen und haben uns eine Schande angethan, eine Schande, daß mir zu Muthe iſt, als wäre meiner Tochter durch Sie Gewalt geſchehen —

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/144>, abgerufen am 21.11.2024.