Leben in mir aufgeweckt hatten. So möchte ich denn eher den Namen eines Schülers für mich in Anspruch nehmen. Und in einer Zeit, worin so viele Meister, wie sie behaupten, vom Him- mel fallen, dürfte ein guter Schüler der Ab- wechselung halber kein ganz verächtlicher Gast am Parnaß seyn.
Auch zu Ihrem Schüler bekenne ich mich gern, freudig und öffentlich. Sie haben unter uns Deutschen einen ganz neuen Scherz erfun- den, Sie haben der Natur für manchen ihrer geheimsten magischen Töne die Zunge gelöset, viele Beobachtungen und Erfahrungen haben Sie mitgetheilt, die vor Ihnen Niemand ge- macht hatte. Alles nun, was in mich von Ironie, Spott, Laune gelegt worden war, ein tiefes Bedürfniß, welches mich von meiner Kindheit her oft froh machte, oft auch ängstigte, die Signatur der stummen Dinge zu erkennen, endlich mein Verlangen, mich über das eigenste Wesen der Dichter und der Bühne aufzuklären -- alles Das fand, wie häufig! bei Ihnen Lehre, Beispiel, Führung. Ich verehre Sie als einen meiner Meister und in meinen guten Stun-
Leben in mir aufgeweckt hatten. So moͤchte ich denn eher den Namen eines Schuͤlers fuͤr mich in Anſpruch nehmen. Und in einer Zeit, worin ſo viele Meiſter, wie ſie behaupten, vom Him- mel fallen, duͤrfte ein guter Schuͤler der Ab- wechſelung halber kein ganz veraͤchtlicher Gaſt am Parnaß ſeyn.
Auch zu Ihrem Schuͤler bekenne ich mich gern, freudig und oͤffentlich. Sie haben unter uns Deutſchen einen ganz neuen Scherz erfun- den, Sie haben der Natur fuͤr manchen ihrer geheimſten magiſchen Toͤne die Zunge geloͤſet, viele Beobachtungen und Erfahrungen haben Sie mitgetheilt, die vor Ihnen Niemand ge- macht hatte. Alles nun, was in mich von Ironie, Spott, Laune gelegt worden war, ein tiefes Beduͤrfniß, welches mich von meiner Kindheit her oft froh machte, oft auch aͤngſtigte, die Signatur der ſtummen Dinge zu erkennen, endlich mein Verlangen, mich uͤber das eigenſte Weſen der Dichter und der Buͤhne aufzuklaͤren — alles Das fand, wie haͤufig! bei Ihnen Lehre, Beiſpiel, Fuͤhrung. Ich verehre Sie als einen meiner Meiſter und in meinen guten Stun-
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[V/0017]
Leben in mir aufgeweckt hatten. So moͤchte ich
denn eher den Namen eines Schuͤlers fuͤr mich
in Anſpruch nehmen. Und in einer Zeit, worin
ſo viele Meiſter, wie ſie behaupten, vom Him-
mel fallen, duͤrfte ein guter Schuͤler der Ab-
wechſelung halber kein ganz veraͤchtlicher Gaſt
am Parnaß ſeyn.
Auch zu Ihrem Schuͤler bekenne ich mich
gern, freudig und oͤffentlich. Sie haben unter
uns Deutſchen einen ganz neuen Scherz erfun-
den, Sie haben der Natur fuͤr manchen ihrer
geheimſten magiſchen Toͤne die Zunge geloͤſet,
viele Beobachtungen und Erfahrungen haben
Sie mitgetheilt, die vor Ihnen Niemand ge-
macht hatte. Alles nun, was in mich von
Ironie, Spott, Laune gelegt worden war, ein
tiefes Beduͤrfniß, welches mich von meiner
Kindheit her oft froh machte, oft auch aͤngſtigte,
die Signatur der ſtummen Dinge zu erkennen,
endlich mein Verlangen, mich uͤber das eigenſte
Weſen der Dichter und der Buͤhne aufzuklaͤren
— alles Das fand, wie haͤufig! bei Ihnen
Lehre, Beiſpiel, Fuͤhrung. Ich verehre Sie als
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. V. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/17>, abgerufen am 30.01.2025.
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