schon seit zwei Tagen an ihrem Gefängnisse ge- rüttelt hatten. -- Das alte Uebel, welches Schmerz, Angst, Zorn, körperliche Anstrengungen, selbst das Uebermaaß der Freude an seinem Lie- bestage, in ihm emporgewühlt, brach kläglich aus.
Mit einem Schrei faßte er an seine Brust. Mit einem zweiten Schrei stieß er Lisbeth fast zurück. Ich hab's gedacht, mein Blut, da ist es! ächzte er und ein dunkler Purpurstrom quoll aus seinem Munde. Er taumelte und sank auf eine Rasenerhöhung. O mir! Ich ersticke -- waren seine letzten Worte, denn es folgte ein zweiter Anfall des grimmigen Uebels. Sein Gesicht war wie eines Todten Antlitz.
Im ersten Augenblicke war Lisbeth über das Zurückstoßen erschrocken gewesen. Aber was wollte dieser Schreck gegen das Entsetzen bedeuten, als sie das Blut ihres Lieblings sah? -- Ja, ihres Lieblings! Sein Aechzen, sein Blut, sein Todten- antlitz gab ihr augenblicklich den Liebling zurück. Vergessen war der Lügner, nur der sterbende Ge- liebte lag vor ihr. Mit einem Rufe, in dem sich Zärtlichkeit, Jammer und die alleräußerste Besorg- niß zum herzzerreißendsten Tone mischten, stürzte
ſchon ſeit zwei Tagen an ihrem Gefängniſſe ge- rüttelt hatten. — Das alte Uebel, welches Schmerz, Angſt, Zorn, körperliche Anſtrengungen, ſelbſt das Uebermaaß der Freude an ſeinem Lie- bestage, in ihm emporgewühlt, brach kläglich aus.
Mit einem Schrei faßte er an ſeine Bruſt. Mit einem zweiten Schrei ſtieß er Lisbeth faſt zurück. Ich hab’s gedacht, mein Blut, da iſt es! ächzte er und ein dunkler Purpurſtrom quoll aus ſeinem Munde. Er taumelte und ſank auf eine Raſenerhöhung. O mir! Ich erſticke — waren ſeine letzten Worte, denn es folgte ein zweiter Anfall des grimmigen Uebels. Sein Geſicht war wie eines Todten Antlitz.
Im erſten Augenblicke war Lisbeth über das Zurückſtoßen erſchrocken geweſen. Aber was wollte dieſer Schreck gegen das Entſetzen bedeuten, als ſie das Blut ihres Lieblings ſah? — Ja, ihres Lieblings! Sein Aechzen, ſein Blut, ſein Todten- antlitz gab ihr augenblicklich den Liebling zurück. Vergeſſen war der Lügner, nur der ſterbende Ge- liebte lag vor ihr. Mit einem Rufe, in dem ſich Zärtlichkeit, Jammer und die alleräußerſte Beſorg- niß zum herzzerreißendſten Tone miſchten, ſtürzte
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ſchon ſeit zwei Tagen an ihrem Gefängniſſe ge-
rüttelt hatten. — Das alte Uebel, welches
Schmerz, Angſt, Zorn, körperliche Anſtrengungen,
ſelbſt das Uebermaaß der Freude an ſeinem Lie-
bestage, in ihm emporgewühlt, brach kläglich aus.
Mit einem Schrei faßte er an ſeine Bruſt.
Mit einem zweiten Schrei ſtieß er Lisbeth faſt
zurück. Ich hab’s gedacht, mein Blut, da iſt es!
ächzte er und ein dunkler Purpurſtrom quoll aus
ſeinem Munde. Er taumelte und ſank auf eine
Raſenerhöhung. O mir! Ich erſticke — waren
ſeine letzten Worte, denn es folgte ein zweiter
Anfall des grimmigen Uebels. Sein Geſicht war
wie eines Todten Antlitz.
Im erſten Augenblicke war Lisbeth über das
Zurückſtoßen erſchrocken geweſen. Aber was wollte
dieſer Schreck gegen das Entſetzen bedeuten, als
ſie das Blut ihres Lieblings ſah? — Ja, ihres
Lieblings! Sein Aechzen, ſein Blut, ſein Todten-
antlitz gab ihr augenblicklich den Liebling zurück.
Vergeſſen war der Lügner, nur der ſterbende Ge-
liebte lag vor ihr. Mit einem Rufe, in dem ſich
Zärtlichkeit, Jammer und die alleräußerſte Beſorg-
niß zum herzzerreißendſten Tone miſchten, ſtürzte
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/176>, abgerufen am 25.11.2024.
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