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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

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da draußen sich auch Jedermann so lernte auf sich
verlassen, und stellte sich zusammen mit seines Glei-
chen, der Bürger mit dem Bürger, der Kaufmann
mit dem Kaufmann, der Gelahrte mit dem Gelahr-
ten und auch der Edelmann mit dem Edelmanne,
und machten ihre Sachen mehrentheils untereinan-
der ab ohne die Herren von der Schreiberei drau-
ßen, so wären die Pfeifer aus der Rübsaat gethan
und es müßte eine ganz herrliche und kostbare
Wirthschaft geben. Denn die Menschen wären dann
nicht wie die dummen Kinder, die immer schreien:
Vater! Mutter! wenn sie einen Augenblick alleine
sind, sondern gleichsam ein Fürst wäre Jeder bei
sich zu Hause und mit seines Gleichen. Dann wäre
auch erst der König ein recht großer Potentate und
ein Herre sonder Gleichen, denn er wäre der Kö-
nig über vielmalhunderttausend Fürsten.

Dieses ist nun die Moral von der Heimlichkeit
am Stuhle und von dem Schwerte von Carolus
Magnus und von den sogenannten Possen, die ich
getrieben. Schreibet Alles recht genau auf, Herr
Scribent, was ich gesagt habe, denn ich will nicht
wie ein einfältiger Mann in Euren Schriften
stehen, und es soll mir ganz lieb seyn, wenn meine

da draußen ſich auch Jedermann ſo lernte auf ſich
verlaſſen, und ſtellte ſich zuſammen mit ſeines Glei-
chen, der Bürger mit dem Bürger, der Kaufmann
mit dem Kaufmann, der Gelahrte mit dem Gelahr-
ten und auch der Edelmann mit dem Edelmanne,
und machten ihre Sachen mehrentheils untereinan-
der ab ohne die Herren von der Schreiberei drau-
ßen, ſo wären die Pfeifer aus der Rübſaat gethan
und es müßte eine ganz herrliche und koſtbare
Wirthſchaft geben. Denn die Menſchen wären dann
nicht wie die dummen Kinder, die immer ſchreien:
Vater! Mutter! wenn ſie einen Augenblick alleine
ſind, ſondern gleichſam ein Fürſt wäre Jeder bei
ſich zu Hauſe und mit ſeines Gleichen. Dann wäre
auch erſt der König ein recht großer Potentate und
ein Herre ſonder Gleichen, denn er wäre der Kö-
nig über vielmalhunderttauſend Fürſten.

Dieſes iſt nun die Moral von der Heimlichkeit
am Stuhle und von dem Schwerte von Carolus
Magnus und von den ſogenannten Poſſen, die ich
getrieben. Schreibet Alles recht genau auf, Herr
Scribent, was ich geſagt habe, denn ich will nicht
wie ein einfältiger Mann in Euren Schriften
ſtehen, und es ſoll mir ganz lieb ſeyn, wenn meine

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[244/0256] da draußen ſich auch Jedermann ſo lernte auf ſich verlaſſen, und ſtellte ſich zuſammen mit ſeines Glei- chen, der Bürger mit dem Bürger, der Kaufmann mit dem Kaufmann, der Gelahrte mit dem Gelahr- ten und auch der Edelmann mit dem Edelmanne, und machten ihre Sachen mehrentheils untereinan- der ab ohne die Herren von der Schreiberei drau- ßen, ſo wären die Pfeifer aus der Rübſaat gethan und es müßte eine ganz herrliche und koſtbare Wirthſchaft geben. Denn die Menſchen wären dann nicht wie die dummen Kinder, die immer ſchreien: Vater! Mutter! wenn ſie einen Augenblick alleine ſind, ſondern gleichſam ein Fürſt wäre Jeder bei ſich zu Hauſe und mit ſeines Gleichen. Dann wäre auch erſt der König ein recht großer Potentate und ein Herre ſonder Gleichen, denn er wäre der Kö- nig über vielmalhunderttauſend Fürſten. Dieſes iſt nun die Moral von der Heimlichkeit am Stuhle und von dem Schwerte von Carolus Magnus und von den ſogenannten Poſſen, die ich getrieben. Schreibet Alles recht genau auf, Herr Scribent, was ich geſagt habe, denn ich will nicht wie ein einfältiger Mann in Euren Schriften ſtehen, und es ſoll mir ganz lieb ſeyn, wenn meine

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/256>, abgerufen am 24.11.2024.