Der Patriotencaspar seinerseits richtete sich an dem Steine empor. Als er bemerkte, welchen Ein- druck seine Worte auf den einzigen Gönner mach- ten, den er besaß, nahm sein Auge einen weh- müthigen Glanz an, und in der verwüsteten Stimme zitterte etwas wie Trauer, als er so sprach: Ach, mein lieber Herr Schmitz, warum fürchten Sie sich doch vor mir? Ich bin ja ein armer, zer- lumpter, von Hunger entkräfteter Mensch. Sehen Sie, da kehre ich meine Taschen um, und es ist nichts darin, weder Messer, noch Hammer noch sonst etwas, womit ich Sie erstechen oder erschla- gen könnte. Wenn Sie sich aber vor meinen Fäusten fürchten, so will ich da mit meinem Hals- tuche sie binden, so daß Sie ganz sicher seyn kön- nen, daß Ihnen kein Leid von mir widerfährt. Ich wollte Ihnen bloß die alte Geschichte erzählen und Sie um eine Güte und Gefälligkeit bitten.
Der Sammler, der sich noch immer nicht zu fassen wußte, sagte: Ich glaube, Ihr seid betrun- ken, Caspar.
Nein, Herr Schmitz, wüßte nicht, woher das kommen sollte, indem ich wenig genossen habe, versetzte der Patriotencaspar. Ich wiederhole Ihnen
Der Patriotencaspar ſeinerſeits richtete ſich an dem Steine empor. Als er bemerkte, welchen Ein- druck ſeine Worte auf den einzigen Gönner mach- ten, den er beſaß, nahm ſein Auge einen weh- müthigen Glanz an, und in der verwüſteten Stimme zitterte etwas wie Trauer, als er ſo ſprach: Ach, mein lieber Herr Schmitz, warum fürchten Sie ſich doch vor mir? Ich bin ja ein armer, zer- lumpter, von Hunger entkräfteter Menſch. Sehen Sie, da kehre ich meine Taſchen um, und es iſt nichts darin, weder Meſſer, noch Hammer noch ſonſt etwas, womit ich Sie erſtechen oder erſchla- gen könnte. Wenn Sie ſich aber vor meinen Fäuſten fürchten, ſo will ich da mit meinem Hals- tuche ſie binden, ſo daß Sie ganz ſicher ſeyn kön- nen, daß Ihnen kein Leid von mir widerfährt. Ich wollte Ihnen bloß die alte Geſchichte erzählen und Sie um eine Güte und Gefälligkeit bitten.
Der Sammler, der ſich noch immer nicht zu faſſen wußte, ſagte: Ich glaube, Ihr ſeid betrun- ken, Caspar.
Nein, Herr Schmitz, wüßte nicht, woher das kommen ſollte, indem ich wenig genoſſen habe, verſetzte der Patriotencaspar. Ich wiederhole Ihnen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0057"n="45"/><p>Der Patriotencaspar ſeinerſeits richtete ſich an<lb/>
dem Steine empor. Als er bemerkte, welchen Ein-<lb/>
druck ſeine Worte auf den einzigen Gönner mach-<lb/>
ten, den er beſaß, nahm ſein Auge einen weh-<lb/>
müthigen Glanz an, und in der verwüſteten Stimme<lb/>
zitterte etwas wie Trauer, als er <hirendition="#g">ſo</hi>ſprach: Ach,<lb/>
mein lieber Herr Schmitz, warum fürchten Sie<lb/>ſich doch vor mir? Ich bin ja ein armer, zer-<lb/>
lumpter, von Hunger entkräfteter Menſch. Sehen<lb/>
Sie, da kehre ich meine Taſchen um, und es iſt<lb/>
nichts darin, weder Meſſer, noch Hammer noch<lb/>ſonſt etwas, womit ich Sie erſtechen oder erſchla-<lb/>
gen könnte. Wenn Sie ſich aber vor meinen<lb/>
Fäuſten fürchten, ſo will ich da mit meinem Hals-<lb/>
tuche ſie binden, ſo daß Sie ganz ſicher ſeyn kön-<lb/>
nen, daß Ihnen kein Leid von mir widerfährt.<lb/>
Ich wollte Ihnen bloß die alte Geſchichte erzählen<lb/>
und Sie um eine Güte und Gefälligkeit bitten.</p><lb/><p>Der Sammler, der ſich noch immer nicht zu<lb/>
faſſen wußte, ſagte: Ich glaube, Ihr ſeid betrun-<lb/>
ken, Caspar.</p><lb/><p>Nein, Herr Schmitz, wüßte nicht, woher das<lb/>
kommen ſollte, indem ich wenig genoſſen habe,<lb/>
verſetzte der Patriotencaspar. Ich wiederhole Ihnen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[45/0057]
Der Patriotencaspar ſeinerſeits richtete ſich an
dem Steine empor. Als er bemerkte, welchen Ein-
druck ſeine Worte auf den einzigen Gönner mach-
ten, den er beſaß, nahm ſein Auge einen weh-
müthigen Glanz an, und in der verwüſteten Stimme
zitterte etwas wie Trauer, als er ſo ſprach: Ach,
mein lieber Herr Schmitz, warum fürchten Sie
ſich doch vor mir? Ich bin ja ein armer, zer-
lumpter, von Hunger entkräfteter Menſch. Sehen
Sie, da kehre ich meine Taſchen um, und es iſt
nichts darin, weder Meſſer, noch Hammer noch
ſonſt etwas, womit ich Sie erſtechen oder erſchla-
gen könnte. Wenn Sie ſich aber vor meinen
Fäuſten fürchten, ſo will ich da mit meinem Hals-
tuche ſie binden, ſo daß Sie ganz ſicher ſeyn kön-
nen, daß Ihnen kein Leid von mir widerfährt.
Ich wollte Ihnen bloß die alte Geſchichte erzählen
und Sie um eine Güte und Gefälligkeit bitten.
Der Sammler, der ſich noch immer nicht zu
faſſen wußte, ſagte: Ich glaube, Ihr ſeid betrun-
ken, Caspar.
Nein, Herr Schmitz, wüßte nicht, woher das
kommen ſollte, indem ich wenig genoſſen habe,
verſetzte der Patriotencaspar. Ich wiederhole Ihnen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/57>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.