daß so ein Hofschulte es wie eine Gnade ansah, wenn er mit einem Kötter trank. Denn ich dachte: Ich baue so gut mein Feld, wie Ihr, was habt Ihr denn also voraus? Ich setzte mich also dreist zu ihnen, wenn ich im Kruge mit ihnen zusammen- traf, ich sprach bei ihnen ungefordert ein. Wenn ich an einem der Großen vorüberging, that ich so als müsse er mich zuerst grüßen, und meinte, es wohl mit ihnen durchsetzen zu können. Aber, Herr Schmitz, man setzt dergleichen mit den Men- schen nicht durch, denn man ist immer nur Einer und sie sind Viele, und das hält zusammen wie Pech und Schwefel. Grob behandelten sie mich, wenn ich sie besuchte, im Kruge rückten sie von mir weg, und wollte ich von ihnen auf Landstraße und Nachbarweg zuerst gegrüßt seyn, so lachten sie mir unter die Nase und Keiner lupfte den Hut. Von Allen aber war der Hofschulze im Oberhofe der Gröbste und Stolzeste und Schlimmste; denn er ist immer unmenschlich reich gewesen und hat großes Ansehen von jeher gehabt.
Also, Herr Schmitz, den Hofschulzen nahm ich mir apart auf's Korn und dachte: Du sollst mir daran glauben. -- Er hatte aber eine Tochter aus
daß ſo ein Hofſchulte es wie eine Gnade anſah, wenn er mit einem Kötter trank. Denn ich dachte: Ich baue ſo gut mein Feld, wie Ihr, was habt Ihr denn alſo voraus? Ich ſetzte mich alſo dreiſt zu ihnen, wenn ich im Kruge mit ihnen zuſammen- traf, ich ſprach bei ihnen ungefordert ein. Wenn ich an einem der Großen vorüberging, that ich ſo als müſſe er mich zuerſt grüßen, und meinte, es wohl mit ihnen durchſetzen zu können. Aber, Herr Schmitz, man ſetzt dergleichen mit den Men- ſchen nicht durch, denn man iſt immer nur Einer und ſie ſind Viele, und das hält zuſammen wie Pech und Schwefel. Grob behandelten ſie mich, wenn ich ſie beſuchte, im Kruge rückten ſie von mir weg, und wollte ich von ihnen auf Landſtraße und Nachbarweg zuerſt gegrüßt ſeyn, ſo lachten ſie mir unter die Naſe und Keiner lupfte den Hut. Von Allen aber war der Hofſchulze im Oberhofe der Gröbſte und Stolzeſte und Schlimmſte; denn er iſt immer unmenſchlich reich geweſen und hat großes Anſehen von jeher gehabt.
Alſo, Herr Schmitz, den Hofſchulzen nahm ich mir apart auf’s Korn und dachte: Du ſollſt mir daran glauben. — Er hatte aber eine Tochter aus
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0062"n="50"/>
daß ſo ein Hofſchulte es wie eine Gnade anſah,<lb/>
wenn er mit einem Kötter trank. Denn ich dachte:<lb/>
Ich baue ſo gut mein Feld, wie Ihr, was habt<lb/>
Ihr denn alſo voraus? Ich ſetzte mich alſo dreiſt<lb/>
zu ihnen, wenn ich im Kruge mit ihnen zuſammen-<lb/>
traf, ich ſprach bei ihnen ungefordert ein. Wenn<lb/>
ich an einem der Großen vorüberging, that ich<lb/>ſo als müſſe er mich zuerſt grüßen, und meinte,<lb/>
es wohl mit ihnen durchſetzen zu können. Aber,<lb/>
Herr Schmitz, man ſetzt dergleichen mit den Men-<lb/>ſchen nicht durch, denn man iſt immer nur Einer<lb/>
und ſie ſind Viele, und das hält zuſammen wie<lb/>
Pech und Schwefel. Grob behandelten ſie mich,<lb/>
wenn ich ſie beſuchte, im Kruge rückten ſie von<lb/>
mir weg, und wollte ich von ihnen auf Landſtraße<lb/>
und Nachbarweg zuerſt gegrüßt ſeyn, ſo lachten<lb/>ſie mir unter die Naſe und Keiner lupfte den<lb/>
Hut. Von Allen aber war der Hofſchulze im<lb/>
Oberhofe der Gröbſte und Stolzeſte und Schlimmſte;<lb/>
denn er iſt immer unmenſchlich reich geweſen und<lb/>
hat großes Anſehen von jeher gehabt.</p><lb/><p>Alſo, Herr Schmitz, den Hofſchulzen nahm ich<lb/>
mir apart auf’s Korn und dachte: Du ſollſt mir<lb/>
daran glauben. — Er hatte aber eine Tochter aus<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[50/0062]
daß ſo ein Hofſchulte es wie eine Gnade anſah,
wenn er mit einem Kötter trank. Denn ich dachte:
Ich baue ſo gut mein Feld, wie Ihr, was habt
Ihr denn alſo voraus? Ich ſetzte mich alſo dreiſt
zu ihnen, wenn ich im Kruge mit ihnen zuſammen-
traf, ich ſprach bei ihnen ungefordert ein. Wenn
ich an einem der Großen vorüberging, that ich
ſo als müſſe er mich zuerſt grüßen, und meinte,
es wohl mit ihnen durchſetzen zu können. Aber,
Herr Schmitz, man ſetzt dergleichen mit den Men-
ſchen nicht durch, denn man iſt immer nur Einer
und ſie ſind Viele, und das hält zuſammen wie
Pech und Schwefel. Grob behandelten ſie mich,
wenn ich ſie beſuchte, im Kruge rückten ſie von
mir weg, und wollte ich von ihnen auf Landſtraße
und Nachbarweg zuerſt gegrüßt ſeyn, ſo lachten
ſie mir unter die Naſe und Keiner lupfte den
Hut. Von Allen aber war der Hofſchulze im
Oberhofe der Gröbſte und Stolzeſte und Schlimmſte;
denn er iſt immer unmenſchlich reich geweſen und
hat großes Anſehen von jeher gehabt.
Alſo, Herr Schmitz, den Hofſchulzen nahm ich
mir apart auf’s Korn und dachte: Du ſollſt mir
daran glauben. — Er hatte aber eine Tochter aus
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/62>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.