wie ich nachgehends gehört habe, so sind Zeugen gewesen, zu denen der Bengel, der Fritze, sich berühmend gesagt hatte, er wolle mir an dem Abende auflauern. Nun war der dicke Knüppel neben dem Todten gefunden worden und mein Auge war doch auch weg, also folglich konnte ich mich auf Nothwehr berufen, und den Kopf hätten sie mir nicht 'runter gehauen, sondern ich wäre ver- muthlich mit etwas Gefängniß davon gekommen. Das sah der alte Satan voraus und deßhalb wollte er mich auf seine eigene Hand für Zeit- lebens unglücklich machen. Ich habe aber auch eine Wuth auf ihn gehabt die Jahre her bei meinem Leierkasten, Herr Schmitz, ich kann Ihnen nicht sagen, was für eine Wuth. Und lange konnte ich ihm nicht beikommen, aber nun -- --
Pfui, sagte der alte Schmitz. Schämt Euch, Caspar, wer wollte so rachgierig seyn!
Der Patriotencaspar stürzte seinem Gönner zu Füßen, umschlang die Kniee des alten Mannes mit seinen hageren und haarichten Fäusten, als wollte er ihn um Verzeihung für seine Sinnesart bitten und rief mit hohlem zerreißendem Tone: O Herr Schmitz! Rachgierig muß der Mensch seyn, wenn
wie ich nachgehends gehört habe, ſo ſind Zeugen geweſen, zu denen der Bengel, der Fritze, ſich berühmend geſagt hatte, er wolle mir an dem Abende auflauern. Nun war der dicke Knüppel neben dem Todten gefunden worden und mein Auge war doch auch weg, alſo folglich konnte ich mich auf Nothwehr berufen, und den Kopf hätten ſie mir nicht ’runter gehauen, ſondern ich wäre ver- muthlich mit etwas Gefängniß davon gekommen. Das ſah der alte Satan voraus und deßhalb wollte er mich auf ſeine eigene Hand für Zeit- lebens unglücklich machen. Ich habe aber auch eine Wuth auf ihn gehabt die Jahre her bei meinem Leierkaſten, Herr Schmitz, ich kann Ihnen nicht ſagen, was für eine Wuth. Und lange konnte ich ihm nicht beikommen, aber nun — —
Pfui, ſagte der alte Schmitz. Schämt Euch, Caspar, wer wollte ſo rachgierig ſeyn!
Der Patriotencaspar ſtürzte ſeinem Gönner zu Füßen, umſchlang die Kniee des alten Mannes mit ſeinen hageren und haarichten Fäuſten, als wollte er ihn um Verzeihung für ſeine Sinnesart bitten und rief mit hohlem zerreißendem Tone: O Herr Schmitz! Rachgierig muß der Menſch ſeyn, wenn
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0074"n="62"/>
wie ich nachgehends gehört habe, ſo ſind Zeugen<lb/>
geweſen, zu denen der Bengel, der Fritze, ſich<lb/>
berühmend geſagt hatte, er wolle mir an dem<lb/>
Abende auflauern. Nun war der dicke Knüppel<lb/>
neben dem Todten gefunden worden und mein Auge<lb/>
war doch auch weg, alſo folglich konnte ich mich<lb/>
auf Nothwehr berufen, und den Kopf hätten ſie<lb/>
mir nicht ’runter gehauen, ſondern ich wäre ver-<lb/>
muthlich mit etwas Gefängniß davon gekommen.<lb/>
Das ſah der alte Satan voraus und deßhalb<lb/>
wollte er mich auf ſeine eigene Hand für Zeit-<lb/>
lebens unglücklich machen. Ich habe aber auch eine<lb/>
Wuth auf ihn gehabt die Jahre her bei meinem<lb/>
Leierkaſten, Herr Schmitz, ich kann Ihnen nicht<lb/>ſagen, was für eine Wuth. Und lange konnte<lb/>
ich ihm nicht beikommen, aber nun ——</p><lb/><p>Pfui, ſagte der alte Schmitz. Schämt Euch,<lb/>
Caspar, wer wollte ſo rachgierig ſeyn!</p><lb/><p>Der Patriotencaspar ſtürzte ſeinem Gönner<lb/>
zu Füßen, umſchlang die Kniee des alten Mannes<lb/>
mit ſeinen hageren und haarichten Fäuſten, als wollte<lb/>
er ihn um Verzeihung für ſeine Sinnesart bitten<lb/>
und rief mit hohlem zerreißendem Tone: O Herr<lb/>
Schmitz! Rachgierig muß der Menſch ſeyn, wenn<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[62/0074]
wie ich nachgehends gehört habe, ſo ſind Zeugen
geweſen, zu denen der Bengel, der Fritze, ſich
berühmend geſagt hatte, er wolle mir an dem
Abende auflauern. Nun war der dicke Knüppel
neben dem Todten gefunden worden und mein Auge
war doch auch weg, alſo folglich konnte ich mich
auf Nothwehr berufen, und den Kopf hätten ſie
mir nicht ’runter gehauen, ſondern ich wäre ver-
muthlich mit etwas Gefängniß davon gekommen.
Das ſah der alte Satan voraus und deßhalb
wollte er mich auf ſeine eigene Hand für Zeit-
lebens unglücklich machen. Ich habe aber auch eine
Wuth auf ihn gehabt die Jahre her bei meinem
Leierkaſten, Herr Schmitz, ich kann Ihnen nicht
ſagen, was für eine Wuth. Und lange konnte
ich ihm nicht beikommen, aber nun — —
Pfui, ſagte der alte Schmitz. Schämt Euch,
Caspar, wer wollte ſo rachgierig ſeyn!
Der Patriotencaspar ſtürzte ſeinem Gönner
zu Füßen, umſchlang die Kniee des alten Mannes
mit ſeinen hageren und haarichten Fäuſten, als wollte
er ihn um Verzeihung für ſeine Sinnesart bitten
und rief mit hohlem zerreißendem Tone: O Herr
Schmitz! Rachgierig muß der Menſch ſeyn, wenn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/74>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.