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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

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übel ausnahm, wie er noch vor wenigen Augen-
blicken gemeint hatte, daß es sich ausnehmen müsse.

Denn eine sanfte Wärme hatte sein ganzes
Inneres durchdrungen, welches seit einigen Stun-
den wie erfroren gewesen war. Es hob sich eine
Last von seinem Herzen, es trat wie ein schwerer
Fluch von seiner Seele zurück. Mit jedem Au-
genblicke wurde ihm freier und freier; ihm ward
zu Muthe, wie dem begnadigten Sünder, wie
dem verlorenen Sohne, da der Vater ihm ein köst-
liches Mahl anrichten ließ. Ganz und voll durch-
drang ihn eine unaussprechliche Empfindung, die
aus hülfreichem Mitleid und schöpferischer Zärt-
lichkeit gemischt war; ein herzliches Wollen, ein
tiefes Entschließen und eine göttliche Geburtswehe
des Gemüthes. Alles das wallte wie ein Meer
in ihm empor und in die Fluthen dieses Meeres
sanken die Fratzen des sogenannten Schlosses hinab
und wurden nicht mehr gesehen.

Ja, er hatte sie wieder, die zufällig Gefundene,
rasch Geliebte, für die Ewigkeit Erkannte! -- Er
hatte sein Reh wieder, sein Mädchen, sein Herz,
und was gestern noch Glück war, das war heute
eine schwere, süße Eroberung durch die Tapferkeit

übel ausnahm, wie er noch vor wenigen Augen-
blicken gemeint hatte, daß es ſich ausnehmen müſſe.

Denn eine ſanfte Wärme hatte ſein ganzes
Inneres durchdrungen, welches ſeit einigen Stun-
den wie erfroren geweſen war. Es hob ſich eine
Laſt von ſeinem Herzen, es trat wie ein ſchwerer
Fluch von ſeiner Seele zurück. Mit jedem Au-
genblicke wurde ihm freier und freier; ihm ward
zu Muthe, wie dem begnadigten Sünder, wie
dem verlorenen Sohne, da der Vater ihm ein köſt-
liches Mahl anrichten ließ. Ganz und voll durch-
drang ihn eine unausſprechliche Empfindung, die
aus hülfreichem Mitleid und ſchöpferiſcher Zärt-
lichkeit gemiſcht war; ein herzliches Wollen, ein
tiefes Entſchließen und eine göttliche Geburtswehe
des Gemüthes. Alles das wallte wie ein Meer
in ihm empor und in die Fluthen dieſes Meeres
ſanken die Fratzen des ſogenannten Schloſſes hinab
und wurden nicht mehr geſehen.

Ja, er hatte ſie wieder, die zufällig Gefundene,
raſch Geliebte, für die Ewigkeit Erkannte! — Er
hatte ſein Reh wieder, ſein Mädchen, ſein Herz,
und was geſtern noch Glück war, das war heute
eine ſchwere, ſüße Eroberung durch die Tapferkeit

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[85/0097] übel ausnahm, wie er noch vor wenigen Augen- blicken gemeint hatte, daß es ſich ausnehmen müſſe. Denn eine ſanfte Wärme hatte ſein ganzes Inneres durchdrungen, welches ſeit einigen Stun- den wie erfroren geweſen war. Es hob ſich eine Laſt von ſeinem Herzen, es trat wie ein ſchwerer Fluch von ſeiner Seele zurück. Mit jedem Au- genblicke wurde ihm freier und freier; ihm ward zu Muthe, wie dem begnadigten Sünder, wie dem verlorenen Sohne, da der Vater ihm ein köſt- liches Mahl anrichten ließ. Ganz und voll durch- drang ihn eine unausſprechliche Empfindung, die aus hülfreichem Mitleid und ſchöpferiſcher Zärt- lichkeit gemiſcht war; ein herzliches Wollen, ein tiefes Entſchließen und eine göttliche Geburtswehe des Gemüthes. Alles das wallte wie ein Meer in ihm empor und in die Fluthen dieſes Meeres ſanken die Fratzen des ſogenannten Schloſſes hinab und wurden nicht mehr geſehen. Ja, er hatte ſie wieder, die zufällig Gefundene, raſch Geliebte, für die Ewigkeit Erkannte! — Er hatte ſein Reh wieder, ſein Mädchen, ſein Herz, und was geſtern noch Glück war, das war heute eine ſchwere, ſüße Eroberung durch die Tapferkeit

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/97>, abgerufen am 24.11.2024.