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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

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hätte gewiß auch nicht gefehlt, wäre nicht
Allwills sichtbare Begierde, bey Tische neben
mir zu sitzen, dazwischen gekommen. Mir
wurde bange, alle sähen es; und konnte doch
nicht dawider, daß es mich freute. Also
neuer Aerger, und noch mehr neue Ver-
legenheit. -- Wenn Dir das Angst macht,
liebe Sylli, so kann ich nicht dafür. Und ich
muß Dir noch mehr entdecken: dieses nehmlich,
daß ich mir unmöglich vorstellen kann, und es
auch nicht will, daß es mit Allwill so arg
sey, als Du es machst. Was soll denn einen
Menschen gut machen, wenn nicht das, was
Allwill in so reichem Maaße in sich trägt?
Des Guten und Schönen in ihm ist zu viel,
als daß es nicht dem Bösen Meister werden
sollte. Wenn auch, wie Du versicherst, zu-
gleich etwas ruchloses in ihm ist, so ist es ihm
angethan; es ist nicht sein Eigenes; und nie-
mand wird froher seyn, als er selbst, diesen
bösen Geist los zu werden. Um anders zu den-
ken, müßte ich nicht dem armen Allwill allein;
ich müßte der menschlichen Natur gram wer-

L 4

haͤtte gewiß auch nicht gefehlt, waͤre nicht
Allwills ſichtbare Begierde, bey Tiſche neben
mir zu ſitzen, dazwiſchen gekommen. Mir
wurde bange, alle ſaͤhen es; und konnte doch
nicht dawider, daß es mich freute. Alſo
neuer Aerger, und noch mehr neue Ver-
legenheit. — Wenn Dir das Angſt macht,
liebe Sylli, ſo kann ich nicht dafuͤr. Und ich
muß Dir noch mehr entdecken: dieſes nehmlich,
daß ich mir unmoͤglich vorſtellen kann, und es
auch nicht will, daß es mit Allwill ſo arg
ſey, als Du es machſt. Was ſoll denn einen
Menſchen gut machen, wenn nicht das, was
Allwill in ſo reichem Maaße in ſich traͤgt?
Des Guten und Schoͤnen in ihm iſt zu viel,
als daß es nicht dem Boͤſen Meiſter werden
ſollte. Wenn auch, wie Du verſicherſt, zu-
gleich etwas ruchloſes in ihm iſt, ſo iſt es ihm
angethan; es iſt nicht ſein Eigenes; und nie-
mand wird froher ſeyn, als er ſelbſt, dieſen
boͤſen Geiſt los zu werden. Um anders zu den-
ken, muͤßte ich nicht dem armen Allwill allein;
ich muͤßte der menſchlichen Natur gram wer-

L 4
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[167/0205] haͤtte gewiß auch nicht gefehlt, waͤre nicht Allwills ſichtbare Begierde, bey Tiſche neben mir zu ſitzen, dazwiſchen gekommen. Mir wurde bange, alle ſaͤhen es; und konnte doch nicht dawider, daß es mich freute. Alſo neuer Aerger, und noch mehr neue Ver- legenheit. — Wenn Dir das Angſt macht, liebe Sylli, ſo kann ich nicht dafuͤr. Und ich muß Dir noch mehr entdecken: dieſes nehmlich, daß ich mir unmoͤglich vorſtellen kann, und es auch nicht will, daß es mit Allwill ſo arg ſey, als Du es machſt. Was ſoll denn einen Menſchen gut machen, wenn nicht das, was Allwill in ſo reichem Maaße in ſich traͤgt? Des Guten und Schoͤnen in ihm iſt zu viel, als daß es nicht dem Boͤſen Meiſter werden ſollte. Wenn auch, wie Du verſicherſt, zu- gleich etwas ruchloſes in ihm iſt, ſo iſt es ihm angethan; es iſt nicht ſein Eigenes; und nie- mand wird froher ſeyn, als er ſelbſt, dieſen boͤſen Geiſt los zu werden. Um anders zu den- ken, muͤßte ich nicht dem armen Allwill allein; ich muͤßte der menſchlichen Natur gram wer- L 4

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Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/205>, abgerufen am 21.11.2024.