einzeln, so getrennt ... Ach, liebe Frau, das schwindet! Ich sehe hin, und alles dreht vor meinen Augen. Wie ist mir? -- O lie- be! Frage Du nicht; laß mich allein das fragen: Wie ist mir? -- Aber das glaube, daß Deine Sylli durchkommt, es wird besser mit ihr. Auch Clerdon wird Dirs sagen. Darum sey getrost, und ruhig, und stille.
Seit Montag ist die S -- hier, und es schickt sich zwischen uns beyden. Ihr würdet doch Eure Freude daran haben, wenn Ihr sähet, wie ich in Uebung komme, mit einer wirklich leichten Munterkeit allerhand Leute zu unterhalten und mich ihnen anzupassen. In der That habe ich es hierin schon weit ge- bracht. Nur muß ich mich nicht zu lange an- strengen wollen. An meiner Einsamkeit han- ge ich mit Leidenschaft. Den vertrautesten Zu- tritt bey mir hat seit einiger Zeit Mon- taigne. Ich lebe mit ihm, wie mit einem Lebendigen. Der Mann ist mir so recht; er stillt mein Gemüth, indem er mich Verträg-
einzeln, ſo getrennt … Ach, liebe Frau, das ſchwindet! Ich ſehe hin, und alles dreht vor meinen Augen. Wie iſt mir? — O lie- be! Frage Du nicht; laß mich allein das fragen: Wie iſt mir? — Aber das glaube, daß Deine Sylli durchkommt, es wird beſſer mit ihr. Auch Clerdon wird Dirs ſagen. Darum ſey getroſt, und ruhig, und ſtille.
Seit Montag iſt die S — hier, und es ſchickt ſich zwiſchen uns beyden. Ihr wuͤrdet doch Eure Freude daran haben, wenn Ihr ſaͤhet, wie ich in Uebung komme, mit einer wirklich leichten Munterkeit allerhand Leute zu unterhalten und mich ihnen anzupaſſen. In der That habe ich es hierin ſchon weit ge- bracht. Nur muß ich mich nicht zu lange an- ſtrengen wollen. An meiner Einſamkeit han- ge ich mit Leidenſchaft. Den vertrauteſten Zu- tritt bey mir hat ſeit einiger Zeit Mon- taigne. Ich lebe mit ihm, wie mit einem Lebendigen. Der Mann iſt mir ſo recht; er ſtillt mein Gemuͤth, indem er mich Vertraͤg-
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einzeln, ſo getrennt … Ach, liebe Frau,
das ſchwindet! Ich ſehe hin, und alles dreht
vor meinen Augen. Wie iſt mir? — O lie-
be! Frage Du nicht; laß mich allein das
fragen: Wie iſt mir? — Aber das glaube,
daß Deine Sylli durchkommt, es wird beſſer
mit ihr. Auch Clerdon wird Dirs ſagen.
Darum ſey getroſt, und ruhig, und ſtille.
Seit Montag iſt die S — hier, und es
ſchickt ſich zwiſchen uns beyden. Ihr wuͤrdet
doch Eure Freude daran haben, wenn Ihr
ſaͤhet, wie ich in Uebung komme, mit einer
wirklich leichten Munterkeit allerhand Leute zu
unterhalten und mich ihnen anzupaſſen. In
der That habe ich es hierin ſchon weit ge-
bracht. Nur muß ich mich nicht zu lange an-
ſtrengen wollen. An meiner Einſamkeit han-
ge ich mit Leidenſchaft. Den vertrauteſten Zu-
tritt bey mir hat ſeit einiger Zeit Mon-
taigne. Ich lebe mit ihm, wie mit einem
Lebendigen. Der Mann iſt mir ſo recht; er
ſtillt mein Gemuͤth, indem er mich Vertraͤg-
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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/228>, abgerufen am 24.11.2024.
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