Sylli, geborne von Wallberg, stammte aus einer alten Patrizischen Familie in C**. Als sie funfzehn Jahre alt war, verlor sie ihre Mutter, welche mehr als das gemeine Erden- leben in sie geboren hatte, und sich so ganz in ihr fühlte, daß davon in beyder Herzen eine namenlose Liebe sproßte. Ihr Vater, von ei- ner unglücklichen Leidenschaft bis zum Wahn- sinn gefoltert, begrub sich zwey Jahre nachher in ein Carthäuserkloster, wo er, als die fol- genden Briefe geschrieben wurden, noch lebte. Sylli gerieth nun mit ihrem Bruder unter Vor- mundschaft, und in eine so verwirrte Lage, daß ihr Herz davon um und um wund werden mußte.
Sie mochte ein und zwanzig Jahre alt seyn, als einer von den Gefährten ihrer Kindheit und zartern Jugend, August Clerdon, sie wie-
Einleitung.
Sylli, geborne von Wallberg, ſtammte aus einer alten Patriziſchen Familie in C**. Als ſie funfzehn Jahre alt war, verlor ſie ihre Mutter, welche mehr als das gemeine Erden- leben in ſie geboren hatte, und ſich ſo ganz in ihr fuͤhlte, daß davon in beyder Herzen eine namenloſe Liebe ſproßte. Ihr Vater, von ei- ner ungluͤcklichen Leidenſchaft bis zum Wahn- ſinn gefoltert, begrub ſich zwey Jahre nachher in ein Carthaͤuſerkloſter, wo er, als die fol- genden Briefe geſchrieben wurden, noch lebte. Sylli gerieth nun mit ihrem Bruder unter Vor- mundſchaft, und in eine ſo verwirrte Lage, daß ihr Herz davon um und um wund werden mußte.
Sie mochte ein und zwanzig Jahre alt ſeyn, als einer von den Gefaͤhrten ihrer Kindheit und zartern Jugend, Auguſt Clerdon, ſie wie-
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[XXIX/0035]
Einleitung.
Sylli, geborne von Wallberg, ſtammte
aus einer alten Patriziſchen Familie in C**.
Als ſie funfzehn Jahre alt war, verlor ſie ihre
Mutter, welche mehr als das gemeine Erden-
leben in ſie geboren hatte, und ſich ſo ganz in
ihr fuͤhlte, daß davon in beyder Herzen eine
namenloſe Liebe ſproßte. Ihr Vater, von ei-
ner ungluͤcklichen Leidenſchaft bis zum Wahn-
ſinn gefoltert, begrub ſich zwey Jahre nachher
in ein Carthaͤuſerkloſter, wo er, als die fol-
genden Briefe geſchrieben wurden, noch lebte.
Sylli gerieth nun mit ihrem Bruder unter Vor-
mundſchaft, und in eine ſo verwirrte Lage,
daß ihr Herz davon um und um wund werden
mußte.
Sie mochte ein und zwanzig Jahre alt ſeyn,
als einer von den Gefaͤhrten ihrer Kindheit und
zartern Jugend, Auguſt Clerdon, ſie wie-
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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. XXIX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/35>, abgerufen am 21.11.2024.
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