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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

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genannt der Fuchs, würde lebendig werden,
wenn er ihm eine lebendige Fliege beybringen
könnte. Er quälte sich unermüdet mit den Zube-
reitungen zu seinem Versuche, der so leicht
nicht angestellt werden konnte, weil die Schau-
kelmaschine nicht hohl war. Einst, als er sie
sehr heftig in Bewegung brachte, so daß sie
mit den vordersten Enden beständig auf den
Boden stieß, ward er unverhoft inne, daß sie
fortrutschte. Nun trieb er sein Thier stärker
an, und gelangte ziemlich geschwinde mit ihm
bis an das entgegengesetzte Ende des Ge-
machs. Seine Freude war ausgelassen. Kein
Mensch vermochte ihm auszureden, daß sein
Fuchs zu leben anfange, und für nichts in der
Welt wäre er mehr von seiner Seite gewichen.
Es ward Mittag, und Eduard hatte keinen
Hunger. Sein Vater ließ ihm sagen: er
sollte wenigstens herunter kommen; aber so
sehr er sonst den Major fürchtete, konnte er
diesmal nicht gehorchen. Alle Leute im Hause,
die schon im Geiste ihren lieben Eduard bis
aufs Blut peitschen sahen, liefen hinauf, fle-

genannt der Fuchs, wuͤrde lebendig werden,
wenn er ihm eine lebendige Fliege beybringen
koͤnnte. Er quaͤlte ſich unermuͤdet mit den Zube-
reitungen zu ſeinem Verſuche, der ſo leicht
nicht angeſtellt werden konnte, weil die Schau-
kelmaſchine nicht hohl war. Einſt, als er ſie
ſehr heftig in Bewegung brachte, ſo daß ſie
mit den vorderſten Enden beſtaͤndig auf den
Boden ſtieß, ward er unverhoft inne, daß ſie
fortrutſchte. Nun trieb er ſein Thier ſtaͤrker
an, und gelangte ziemlich geſchwinde mit ihm
bis an das entgegengeſetzte Ende des Ge-
machs. Seine Freude war ausgelaſſen. Kein
Menſch vermochte ihm auszureden, daß ſein
Fuchs zu leben anfange, und fuͤr nichts in der
Welt waͤre er mehr von ſeiner Seite gewichen.
Es ward Mittag, und Eduard hatte keinen
Hunger. Sein Vater ließ ihm ſagen: er
ſollte wenigſtens herunter kommen; aber ſo
ſehr er ſonſt den Major fuͤrchtete, konnte er
diesmal nicht gehorchen. Alle Leute im Hauſe,
die ſchon im Geiſte ihren lieben Eduard bis
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[30/0068] genannt der Fuchs, wuͤrde lebendig werden, wenn er ihm eine lebendige Fliege beybringen koͤnnte. Er quaͤlte ſich unermuͤdet mit den Zube- reitungen zu ſeinem Verſuche, der ſo leicht nicht angeſtellt werden konnte, weil die Schau- kelmaſchine nicht hohl war. Einſt, als er ſie ſehr heftig in Bewegung brachte, ſo daß ſie mit den vorderſten Enden beſtaͤndig auf den Boden ſtieß, ward er unverhoft inne, daß ſie fortrutſchte. Nun trieb er ſein Thier ſtaͤrker an, und gelangte ziemlich geſchwinde mit ihm bis an das entgegengeſetzte Ende des Ge- machs. Seine Freude war ausgelaſſen. Kein Menſch vermochte ihm auszureden, daß ſein Fuchs zu leben anfange, und fuͤr nichts in der Welt waͤre er mehr von ſeiner Seite gewichen. Es ward Mittag, und Eduard hatte keinen Hunger. Sein Vater ließ ihm ſagen: er ſollte wenigſtens herunter kommen; aber ſo ſehr er ſonſt den Major fuͤrchtete, konnte er diesmal nicht gehorchen. Alle Leute im Hauſe, die ſchon im Geiſte ihren lieben Eduard bis aufs Blut peitſchen ſahen, liefen hinauf, fle-

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Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/68>, abgerufen am 21.11.2024.