sollen die Sache besser wissen. Hören Sie mein ganzes Geheimniß. Der Umgang des andern Geschlechts reizt mich unendlich; die artigen Geschöpfe haben so etwas sanftes, an- schmiegendes, was mir behagt. Neben ihnen stimmt allmählich das allzuheftige in meiner Empfindungsart sich herab; sie stehlen mir Gleichmüthigkeit und Ruhe ins Herz. Kommt nun gar noch eine etwas nähere Beziehung hinzu, und ich fahre mit meiner Juno dro- ben auf den Wolken, und die Stutzerchen un- ten klettern die Berge hinan, und thürmen ihre Felsen auf einander -- o, Clerdon! das bringt immer richtig meinen Satan um sein Latein; es ist so gut, als ob er in einen Weih- kessel scheiterte, und ich -- habe gewonnen Spiel. Aber bey allem dem, oder vielmehr eben deswegen, ist es mir ein unerträglicher Gedanke, von eben belobten Göttinnen irgend eine anzubeten; ihr in ganzem Ernste zu Füs- sen zu liegen. Vor Jahren, ja; da waren Ro- lands Thaten auch meine Sache: allein ich wurde doch ziemlich bald inne, wie es im
C 3
ſollen die Sache beſſer wiſſen. Hoͤren Sie mein ganzes Geheimniß. Der Umgang des andern Geſchlechts reizt mich unendlich; die artigen Geſchoͤpfe haben ſo etwas ſanftes, an- ſchmiegendes, was mir behagt. Neben ihnen ſtimmt allmaͤhlich das allzuheftige in meiner Empfindungsart ſich herab; ſie ſtehlen mir Gleichmuͤthigkeit und Ruhe ins Herz. Kommt nun gar noch eine etwas naͤhere Beziehung hinzu, und ich fahre mit meiner Juno dro- ben auf den Wolken, und die Stutzerchen un- ten klettern die Berge hinan, und thuͤrmen ihre Felſen auf einander — o, Clerdon! das bringt immer richtig meinen Satan um ſein Latein; es iſt ſo gut, als ob er in einen Weih- keſſel ſcheiterte, und ich — habe gewonnen Spiel. Aber bey allem dem, oder vielmehr eben deswegen, iſt es mir ein unertraͤglicher Gedanke, von eben belobten Goͤttinnen irgend eine anzubeten; ihr in ganzem Ernſte zu Fuͤſ- ſen zu liegen. Vor Jahren, ja; da waren Ro- lands Thaten auch meine Sache: allein ich wurde doch ziemlich bald inne, wie es im
C 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0075"n="37"/>ſollen die Sache beſſer wiſſen. Hoͤren Sie<lb/>
mein ganzes Geheimniß. Der Umgang des<lb/>
andern Geſchlechts reizt mich unendlich; die<lb/>
artigen Geſchoͤpfe haben ſo etwas ſanftes, an-<lb/>ſchmiegendes, was mir behagt. Neben ihnen<lb/>ſtimmt allmaͤhlich das allzuheftige in meiner<lb/>
Empfindungsart ſich herab; ſie ſtehlen mir<lb/>
Gleichmuͤthigkeit und Ruhe ins Herz. Kommt<lb/>
nun gar noch eine etwas naͤhere Beziehung<lb/>
hinzu, und ich fahre mit meiner <hirendition="#g">Juno</hi> dro-<lb/>
ben auf den Wolken, und die Stutzerchen un-<lb/>
ten klettern die Berge hinan, und thuͤrmen<lb/>
ihre Felſen auf einander — o, Clerdon! das<lb/>
bringt immer richtig meinen Satan um ſein<lb/>
Latein; es iſt ſo gut, als ob er in einen Weih-<lb/>
keſſel ſcheiterte, und ich — habe gewonnen<lb/>
Spiel. Aber bey allem dem, oder vielmehr<lb/>
eben deswegen, iſt es mir ein unertraͤglicher<lb/>
Gedanke, von eben belobten Goͤttinnen irgend<lb/>
eine anzubeten; ihr in ganzem Ernſte zu Fuͤſ-<lb/>ſen zu liegen. Vor Jahren, ja; da waren Ro-<lb/>
lands Thaten auch meine Sache: allein ich<lb/>
wurde doch ziemlich bald inne, wie es im<lb/><fwplace="bottom"type="sig">C 3</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[37/0075]
ſollen die Sache beſſer wiſſen. Hoͤren Sie
mein ganzes Geheimniß. Der Umgang des
andern Geſchlechts reizt mich unendlich; die
artigen Geſchoͤpfe haben ſo etwas ſanftes, an-
ſchmiegendes, was mir behagt. Neben ihnen
ſtimmt allmaͤhlich das allzuheftige in meiner
Empfindungsart ſich herab; ſie ſtehlen mir
Gleichmuͤthigkeit und Ruhe ins Herz. Kommt
nun gar noch eine etwas naͤhere Beziehung
hinzu, und ich fahre mit meiner Juno dro-
ben auf den Wolken, und die Stutzerchen un-
ten klettern die Berge hinan, und thuͤrmen
ihre Felſen auf einander — o, Clerdon! das
bringt immer richtig meinen Satan um ſein
Latein; es iſt ſo gut, als ob er in einen Weih-
keſſel ſcheiterte, und ich — habe gewonnen
Spiel. Aber bey allem dem, oder vielmehr
eben deswegen, iſt es mir ein unertraͤglicher
Gedanke, von eben belobten Goͤttinnen irgend
eine anzubeten; ihr in ganzem Ernſte zu Fuͤſ-
ſen zu liegen. Vor Jahren, ja; da waren Ro-
lands Thaten auch meine Sache: allein ich
wurde doch ziemlich bald inne, wie es im
C 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/75>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.