Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.derselben, und bey diesen Vorstellungen entstehet in uns ein Vergnügen. Ein Geitziger gehet bey seinen Kasten, in wel- chem sein baares Geld und seine Obliga- tiones verwahret liegen. Er freuet sich. Warum? Weil der Glantz des Silbers und Goldes seine Augen rühret, und die vielen Obligationes ihm eine reiche Ernd- te von Zinsen versprechen. Er stellt sich vor, daß er nunmehro einen guten Vor- rath habe, welcher sich jährlich mehren wer- de. Er sey also nicht nur sicher, daß er niemahls Mangel empfinden werde, son- dern seine Kinder und Kindes-Kinder wür- den sich dieser gesammleten Pfennige auch noch erfreuen können. Ein ander ist ver- gnügt, wenn er den Geschmack des Weins und angenehmer Speisen auf seiner Zun- ge fühlet. Und will man die Empfindun- gen auch als eine Arth der Vorstellungen ansehen, so kan man überhaupt in allen Fällen sagen, daß unsere Seele durch ge- wisse Vorstellungen vergnügt werde. Jch würde hiervon mehrere Exempel beybrin- gen, wenn nicht ohne dem die Erfahrung einen jeden davon überführte. §. 20.
derſelben, und bey dieſen Vorſtellungen entſtehet in uns ein Vergnuͤgen. Ein Geitziger gehet bey ſeinen Kaſten, in wel- chem ſein baares Geld und ſeine Obliga- tiones verwahret liegen. Er freuet ſich. Warum? Weil der Glantz des Silbers und Goldes ſeine Augen ruͤhret, und die vielen Obligationes ihm eine reiche Ernd- te von Zinſen verſprechen. Er ſtellt ſich vor, daß er nunmehro einen guten Vor- rath habe, welcher ſich jaͤhrlich mehren wer- de. Er ſey alſo nicht nur ſicher, daß er niemahls Mangel empfinden werde, ſon- dern ſeine Kinder und Kindes-Kinder wuͤr- den ſich dieſer geſammleten Pfennige auch noch erfreuen koͤnnen. Ein ander iſt ver- gnuͤgt, wenn er den Geſchmack des Weins und angenehmer Speiſen auf ſeiner Zun- ge fuͤhlet. Und will man die Empfindun- gen auch als eine Arth der Vorſtellungen anſehen, ſo kan man uͤberhaupt in allen Faͤllen ſagen, daß unſere Seele durch ge- wiſſe Vorſtellungen vergnuͤgt werde. Jch wuͤrde hiervon mehrere Exempel beybrin- gen, wenn nicht ohne dem die Erfahrung einen jeden davon uͤberfuͤhrte. §. 20.
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derſelben, und bey dieſen Vorſtellungen
entſtehet in uns ein Vergnuͤgen. Ein
Geitziger gehet bey ſeinen Kaſten, in wel-
chem ſein baares Geld und ſeine Obliga-
tiones verwahret liegen. Er freuet ſich.
Warum? Weil der Glantz des Silbers
und Goldes ſeine Augen ruͤhret, und die
vielen Obligationes ihm eine reiche Ernd-
te von Zinſen verſprechen. Er ſtellt ſich
vor, daß er nunmehro einen guten Vor-
rath habe, welcher ſich jaͤhrlich mehren wer-
de. Er ſey alſo nicht nur ſicher, daß er
niemahls Mangel empfinden werde, ſon-
dern ſeine Kinder und Kindes-Kinder wuͤr-
den ſich dieſer geſammleten Pfennige auch
noch erfreuen koͤnnen. Ein ander iſt ver-
gnuͤgt, wenn er den Geſchmack des Weins
und angenehmer Speiſen auf ſeiner Zun-
ge fuͤhlet. Und will man die Empfindun-
gen auch als eine Arth der Vorſtellungen
anſehen, ſo kan man uͤberhaupt in allen
Faͤllen ſagen, daß unſere Seele durch ge-
wiſſe Vorſtellungen vergnuͤgt werde. Jch
wuͤrde hiervon mehrere Exempel beybrin-
gen, wenn nicht ohne dem die Erfahrung
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§. 20.
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