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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

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mit mehrerer Macht widerstanden werde.
Er wird durch diese Cörper ihren Begier-
den immer Abbruch thun, und manchen
bösen Anschlag, wie in dieser Welt, zernich-
ten, und dadurch bey ihnen noch mehrere
Vollkommenheiten erhalten, als wenn er
sie in ein Paradieß setzte, in welchem ihre
bösen Neigungen gehegt und unterstützt
würden, und dadurch Gelegenheit bekä-
men weit betrübtere Folgen nach sich zu
ziehen als in einer Welt, die aus lauter
widrigen Cörpern zugerichtet ist. Solte
diese Muthmassung anders einer Wahr-
heit ähnlicher als einem Jrthume seyn, so
könnte sie meiner Meynung nach einiger-
massen aus den verschiedenen Graden der
Höllen-Straffen bestärcket werden. Denn
blendet mich kein irriges Vorurtheil, so
sehe ich in denselben die Geneigheit GOt-
tes auch den Verdammten noch so viel
Vollkommenheiten zu lassen, als eine wei-
se Gütigkeit es verstattet, gantz deutlich.
Denn da er einige nicht so hart straffet,
als die übrigen, so erweiset er jenen noch
Gnade auch mitten in der Hölle. Darf
ich aber hieraus den Satz ziehen: GOtt
lässet den Verdammten noch so viel Gu-
tes wiederfahren, als seine Weisheit es zu-

giebt;





mit mehrerer Macht widerſtanden werde.
Er wird durch dieſe Coͤrper ihren Begier-
den immer Abbruch thun, und manchen
boͤſen Anſchlag, wie in dieſer Welt, zernich-
ten, und dadurch bey ihnen noch mehrere
Vollkommenheiten erhalten, als wenn er
ſie in ein Paradieß ſetzte, in welchem ihre
boͤſen Neigungen gehegt und unterſtuͤtzt
wuͤrden, und dadurch Gelegenheit bekaͤ-
men weit betruͤbtere Folgen nach ſich zu
ziehen als in einer Welt, die aus lauter
widrigen Coͤrpern zugerichtet iſt. Solte
dieſe Muthmaſſung anders einer Wahr-
heit aͤhnlicher als einem Jrthume ſeyn, ſo
koͤnnte ſie meiner Meynung nach einiger-
maſſen aus den verſchiedenen Graden der
Hoͤllen-Straffen beſtaͤrcket werden. Denn
blendet mich kein irriges Vorurtheil, ſo
ſehe ich in denſelben die Geneigheit GOt-
tes auch den Verdammten noch ſo viel
Vollkommenheiten zu laſſen, als eine wei-
ſe Guͤtigkeit es verſtattet, gantz deutlich.
Denn da er einige nicht ſo hart ſtraffet,
als die uͤbrigen, ſo erweiſet er jenen noch
Gnade auch mitten in der Hoͤlle. Darf
ich aber hieraus den Satz ziehen: GOtt
laͤſſet den Verdammten noch ſo viel Gu-
tes wiederfahren, als ſeine Weisheit es zu-

giebt;
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[200[196]/0232] mit mehrerer Macht widerſtanden werde. Er wird durch dieſe Coͤrper ihren Begier- den immer Abbruch thun, und manchen boͤſen Anſchlag, wie in dieſer Welt, zernich- ten, und dadurch bey ihnen noch mehrere Vollkommenheiten erhalten, als wenn er ſie in ein Paradieß ſetzte, in welchem ihre boͤſen Neigungen gehegt und unterſtuͤtzt wuͤrden, und dadurch Gelegenheit bekaͤ- men weit betruͤbtere Folgen nach ſich zu ziehen als in einer Welt, die aus lauter widrigen Coͤrpern zugerichtet iſt. Solte dieſe Muthmaſſung anders einer Wahr- heit aͤhnlicher als einem Jrthume ſeyn, ſo koͤnnte ſie meiner Meynung nach einiger- maſſen aus den verſchiedenen Graden der Hoͤllen-Straffen beſtaͤrcket werden. Denn blendet mich kein irriges Vorurtheil, ſo ſehe ich in denſelben die Geneigheit GOt- tes auch den Verdammten noch ſo viel Vollkommenheiten zu laſſen, als eine wei- ſe Guͤtigkeit es verſtattet, gantz deutlich. Denn da er einige nicht ſo hart ſtraffet, als die uͤbrigen, ſo erweiſet er jenen noch Gnade auch mitten in der Hoͤlle. Darf ich aber hieraus den Satz ziehen: GOtt laͤſſet den Verdammten noch ſo viel Gu- tes wiederfahren, als ſeine Weisheit es zu- giebt;

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 200[196]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/232>, abgerufen am 27.11.2024.