Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite





kehren, auch bey den empfindlichsten Straf-
fen GOttes, von dem breiten Wege ab,
und siegen in dem Kampffe wider ihre bö-
sen Gemüths-Bewegungen. Und würde
ihnen in dieser Welt ein ewiges Leben ver-
stattet, so würden sie auch immerwähren-
de Sclaven von ihren bösen Neigungen
bleiben, und die schmertzhafften Straffen
derselben erdulten. Fassen sie ja in allzu-
grossem Unglück einmahl den Entschluß
sich zu bessern, so verändern sie denselben
doch, so bald sie nur ein klein wenig Lin-
derung bekommen. Will man hiervon
recht lebhaffte Exempel haben, so sehe man
sich nur um nach solchen Leuten, welche
durch Wollust, Hochmuth und Faulheit
an den Bettel-Stab gerathen, und den-
selben bis an ihr Ende in der Hand füh-
ren. Uber solche Leute schlagen insgemein
alle Flammen der Trübsal zusammen. Hi-
tze und Frost, Hunger und Durst, Blösse,
Schande, Verachtung und die beschwehr-
lichsten Reisen, auch öffters schmertzhaffte
Kranckheiten, machen ihnen beständig be-
trübte Empfindungen. Sie wünschen da-
hero mit den tiefsten Seufftzern eben so
viel Brod, eben so viel Kleider und eben
so viel Ruhe zu haben als andere, welche

ihr





kehren, auch bey den empfindlichſten Straf-
fen GOttes, von dem breiten Wege ab,
und ſiegen in dem Kampffe wider ihre boͤ-
ſen Gemuͤths-Bewegungen. Und wuͤrde
ihnen in dieſer Welt ein ewiges Leben ver-
ſtattet, ſo wuͤrden ſie auch immerwaͤhren-
de Sclaven von ihren boͤſen Neigungen
bleiben, und die ſchmertzhafften Straffen
derſelben erdulten. Faſſen ſie ja in allzu-
groſſem Ungluͤck einmahl den Entſchluß
ſich zu beſſern, ſo veraͤndern ſie denſelben
doch, ſo bald ſie nur ein klein wenig Lin-
derung bekommen. Will man hiervon
recht lebhaffte Exempel haben, ſo ſehe man
ſich nur um nach ſolchen Leuten, welche
durch Wolluſt, Hochmuth und Faulheit
an den Bettel-Stab gerathen, und den-
ſelben bis an ihr Ende in der Hand fuͤh-
ren. Uber ſolche Leute ſchlagen insgemein
alle Flammen der Truͤbſal zuſammen. Hi-
tze und Froſt, Hunger und Durſt, Bloͤſſe,
Schande, Verachtung und die beſchwehr-
lichſten Reiſen, auch oͤffters ſchmertzhaffte
Kranckheiten, machen ihnen beſtaͤndig be-
truͤbte Empfindungen. Sie wuͤnſchen da-
hero mit den tiefſten Seufftzern eben ſo
viel Brod, eben ſo viel Kleider und eben
ſo viel Ruhe zu haben als andere, welche

ihr
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0237" n="205[201]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
kehren, auch bey den empfindlich&#x017F;ten Straf-<lb/>
fen GOttes, von dem breiten Wege ab,<lb/>
und &#x017F;iegen in dem Kampffe wider ihre bo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;en Gemu&#x0364;ths-Bewegungen. Und wu&#x0364;rde<lb/>
ihnen in die&#x017F;er Welt ein ewiges Leben ver-<lb/>
&#x017F;tattet, &#x017F;o wu&#x0364;rden &#x017F;ie auch immerwa&#x0364;hren-<lb/>
de Sclaven von ihren bo&#x0364;&#x017F;en Neigungen<lb/>
bleiben, und die &#x017F;chmertzhafften Straffen<lb/>
der&#x017F;elben erdulten. Fa&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie ja in allzu-<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;em Unglu&#x0364;ck einmahl den Ent&#x017F;chluß<lb/>
&#x017F;ich zu be&#x017F;&#x017F;ern, &#x017F;o vera&#x0364;ndern &#x017F;ie den&#x017F;elben<lb/>
doch, &#x017F;o bald &#x017F;ie nur ein klein wenig Lin-<lb/>
derung bekommen. Will man hiervon<lb/>
recht lebhaffte Exempel haben, &#x017F;o &#x017F;ehe man<lb/>
&#x017F;ich nur um nach &#x017F;olchen Leuten, welche<lb/>
durch Wollu&#x017F;t, Hochmuth und Faulheit<lb/>
an den Bettel-Stab gerathen, und den-<lb/>
&#x017F;elben bis an ihr Ende in der Hand fu&#x0364;h-<lb/>
ren. Uber &#x017F;olche Leute &#x017F;chlagen insgemein<lb/>
alle Flammen der Tru&#x0364;b&#x017F;al zu&#x017F;ammen. Hi-<lb/>
tze und Fro&#x017F;t, Hunger und Dur&#x017F;t, Blo&#x0364;&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
Schande, Verachtung und die be&#x017F;chwehr-<lb/>
lich&#x017F;ten Rei&#x017F;en, auch o&#x0364;ffters &#x017F;chmertzhaffte<lb/>
Kranckheiten, machen ihnen be&#x017F;ta&#x0364;ndig be-<lb/>
tru&#x0364;bte Empfindungen. Sie wu&#x0364;n&#x017F;chen da-<lb/>
hero mit den tief&#x017F;ten Seufftzern eben &#x017F;o<lb/>
viel Brod, eben &#x017F;o viel Kleider und eben<lb/>
&#x017F;o viel Ruhe zu haben als andere, welche<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ihr</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205[201]/0237] kehren, auch bey den empfindlichſten Straf- fen GOttes, von dem breiten Wege ab, und ſiegen in dem Kampffe wider ihre boͤ- ſen Gemuͤths-Bewegungen. Und wuͤrde ihnen in dieſer Welt ein ewiges Leben ver- ſtattet, ſo wuͤrden ſie auch immerwaͤhren- de Sclaven von ihren boͤſen Neigungen bleiben, und die ſchmertzhafften Straffen derſelben erdulten. Faſſen ſie ja in allzu- groſſem Ungluͤck einmahl den Entſchluß ſich zu beſſern, ſo veraͤndern ſie denſelben doch, ſo bald ſie nur ein klein wenig Lin- derung bekommen. Will man hiervon recht lebhaffte Exempel haben, ſo ſehe man ſich nur um nach ſolchen Leuten, welche durch Wolluſt, Hochmuth und Faulheit an den Bettel-Stab gerathen, und den- ſelben bis an ihr Ende in der Hand fuͤh- ren. Uber ſolche Leute ſchlagen insgemein alle Flammen der Truͤbſal zuſammen. Hi- tze und Froſt, Hunger und Durſt, Bloͤſſe, Schande, Verachtung und die beſchwehr- lichſten Reiſen, auch oͤffters ſchmertzhaffte Kranckheiten, machen ihnen beſtaͤndig be- truͤbte Empfindungen. Sie wuͤnſchen da- hero mit den tiefſten Seufftzern eben ſo viel Brod, eben ſo viel Kleider und eben ſo viel Ruhe zu haben als andere, welche ihr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/237
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 205[201]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/237>, abgerufen am 11.05.2024.