Die Sechste Betrachtung, Von Der weisen Absicht GOttes bey dem Baum des Erkänntnisses Gutes und Böses.
§. 1.
Einlei- tung.
Der Baum des Erkänntnisses Gutes und Böses pflegt Spöttern und Vereh- rern des geoffenbahrten Wortes ein Stein des Anstosses zu seyn. Der Spötter un- besonnene und freche Mund pflegt zu sa- gen: die geoffenbahrte Religion gründe sich auf eine Apffel-Fresserey. Fromme Chri- sten aber, welchen ihr elender und sündli- cher Zustand zu Hertzen geht, beseufftzen wol, daß es dem Schöpffer gefallen, das Paradieß durch eine so gefährliche und un- selige Frucht zu einem Ort eines betrübten Andenckens zu machen. Sie gedencken: was hat doch wol die weiseste Gütigkeit be- wogen den Menschen, so er nach seinem Ebenbild erschaffen, auf eine so gefährli- che Probe, dessen betrübten Ausgang sie vorher gesehen, zu setzen? Warum hat es
denn
Die Sechſte Betrachtung, Von Der weiſen Abſicht GOttes bey dem Baum des Erkaͤnntniſſes Gutes und Boͤſes.
§. 1.
Einlei- tung.
Der Baum des Erkaͤnntniſſes Gutes und Boͤſes pflegt Spoͤttern und Vereh- rern des geoffenbahrten Wortes ein Stein des Anſtoſſes zu ſeyn. Der Spoͤtter un- beſonnene und freche Mund pflegt zu ſa- gen: die geoffenbahrte Religion gruͤnde ſich auf eine Apffel-Freſſerey. Fromme Chri- ſten aber, welchen ihr elender und ſuͤndli- cher Zuſtand zu Hertzen geht, beſeufftzen wol, daß es dem Schoͤpffer gefallen, das Paradieß durch eine ſo gefaͤhrliche und un- ſelige Frucht zu einem Ort eines betruͤbten Andenckens zu machen. Sie gedencken: was hat doch wol die weiſeſte Guͤtigkeit be- wogen den Menſchen, ſo er nach ſeinem Ebenbild erſchaffen, auf eine ſo gefaͤhrli- che Probe, deſſen betruͤbten Ausgang ſie vorher geſehen, zu ſetzen? Warum hat es
denn
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[212[208]/0244]
Die
Sechſte Betrachtung,
Von
Der weiſen Abſicht GOttes bey
dem Baum des Erkaͤnntniſſes
Gutes und Boͤſes.
§. 1.
Der Baum des Erkaͤnntniſſes Gutes und
Boͤſes pflegt Spoͤttern und Vereh-
rern des geoffenbahrten Wortes ein Stein
des Anſtoſſes zu ſeyn. Der Spoͤtter un-
beſonnene und freche Mund pflegt zu ſa-
gen: die geoffenbahrte Religion gruͤnde ſich
auf eine Apffel-Freſſerey. Fromme Chri-
ſten aber, welchen ihr elender und ſuͤndli-
cher Zuſtand zu Hertzen geht, beſeufftzen
wol, daß es dem Schoͤpffer gefallen, das
Paradieß durch eine ſo gefaͤhrliche und un-
ſelige Frucht zu einem Ort eines betruͤbten
Andenckens zu machen. Sie gedencken:
was hat doch wol die weiſeſte Guͤtigkeit be-
wogen den Menſchen, ſo er nach ſeinem
Ebenbild erſchaffen, auf eine ſo gefaͤhrli-
che Probe, deſſen betruͤbten Ausgang ſie
vorher geſehen, zu ſetzen? Warum hat es
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 212[208]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/244>, abgerufen am 26.11.2024.
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