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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

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sicht GOttes bey dem Baum des Erkännt-
nisses Gutes und Böses entdeckt haben:
so können wahre Verehrer der Christlichen
Religion zu Beruhigung ihres Gemüths
daraus lernen, daß eben diejenige Gütig-
keit, welche GOtt zu Erschaffung dieser
Welt bewogen, ihn auch angetrieben den
Baum des Erkänntnisses Gutes und Bö-
ses zu pflantzen, und daß bey demselben
und der gantzen Welt einerley Absicht an-
getroffen werde, nemlich die Glückselig-
keit
freyer und vernünfftiger Creaturen.
Die Spötter aber werden einsehen, daß
die Christliche Religion nicht von einer
blossen Apffel-Fresserey anfange, sondern
zeige, wie die betrübten Fesseln wieder zu
zerreissen, welche die sinnlichen Begierden
unsern ersten Eltern, und zugleich auch uns
angeleget, und wodurch wir zu unseligen
Gefangenen gemacht. Denn es kommt
bey der Sünde Adams nicht bloß auf den
Genuß der verbothenen Frucht an, son-
dern es hat selbige etwas mehreres mit
sich verknüpfft. Der Mensch hatte im
Anfange noch keine unveränderliche Ge-
wohnheit im Guten, sondern solte selbige
erst durch Ubung erlangen. Er hatte da-

zu





ſicht GOttes bey dem Baum des Erkaͤnnt-
niſſes Gutes und Boͤſes entdeckt haben:
ſo koͤnnen wahre Verehrer der Chriſtlichen
Religion zu Beruhigung ihres Gemuͤths
daraus lernen, daß eben diejenige Guͤtig-
keit, welche GOtt zu Erſchaffung dieſer
Welt bewogen, ihn auch angetrieben den
Baum des Erkaͤnntniſſes Gutes und Boͤ-
ſes zu pflantzen, und daß bey demſelben
und der gantzen Welt einerley Abſicht an-
getroffen werde, nemlich die Gluͤckſelig-
keit
freyer und vernuͤnfftiger Creaturen.
Die Spoͤtter aber werden einſehen, daß
die Chriſtliche Religion nicht von einer
bloſſen Apffel-Freſſerey anfange, ſondern
zeige, wie die betruͤbten Feſſeln wieder zu
zerreiſſen, welche die ſinnlichen Begierden
unſern erſten Eltern, und zugleich auch uns
angeleget, und wodurch wir zu unſeligen
Gefangenen gemacht. Denn es kommt
bey der Suͤnde Adams nicht bloß auf den
Genuß der verbothenen Frucht an, ſon-
dern es hat ſelbige etwas mehreres mit
ſich verknuͤpfft. Der Menſch hatte im
Anfange noch keine unveraͤnderliche Ge-
wohnheit im Guten, ſondern ſolte ſelbige
erſt durch Ubung erlangen. Er hatte da-

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[230[226]/0262] ſicht GOttes bey dem Baum des Erkaͤnnt- niſſes Gutes und Boͤſes entdeckt haben: ſo koͤnnen wahre Verehrer der Chriſtlichen Religion zu Beruhigung ihres Gemuͤths daraus lernen, daß eben diejenige Guͤtig- keit, welche GOtt zu Erſchaffung dieſer Welt bewogen, ihn auch angetrieben den Baum des Erkaͤnntniſſes Gutes und Boͤ- ſes zu pflantzen, und daß bey demſelben und der gantzen Welt einerley Abſicht an- getroffen werde, nemlich die Gluͤckſelig- keit freyer und vernuͤnfftiger Creaturen. Die Spoͤtter aber werden einſehen, daß die Chriſtliche Religion nicht von einer bloſſen Apffel-Freſſerey anfange, ſondern zeige, wie die betruͤbten Feſſeln wieder zu zerreiſſen, welche die ſinnlichen Begierden unſern erſten Eltern, und zugleich auch uns angeleget, und wodurch wir zu unſeligen Gefangenen gemacht. Denn es kommt bey der Suͤnde Adams nicht bloß auf den Genuß der verbothenen Frucht an, ſon- dern es hat ſelbige etwas mehreres mit ſich verknuͤpfft. Der Menſch hatte im Anfange noch keine unveraͤnderliche Ge- wohnheit im Guten, ſondern ſolte ſelbige erſt durch Ubung erlangen. Er hatte da- zu

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 230[226]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/262>, abgerufen am 22.11.2024.