ins Gedächtniß gebracht haben. Beson- ders würde das Andencken GOttes da- durch bey ihnen jederzeit recht lebhafft blie- ben seyn. Denn man erwegt die Unter- thänigkeit gegen seinen Ober-Herren alle- zeit ehender bey seinen Verbothen und Ein- schränckungen unserer Begierden, als bey einer glücklichen Ruhe und Uberfluß an al- lerley Gütern, deren man durch seine wei- se Regierung geniesset. Und eben so würde dieser Baum das Andencken GOttes bey den ersten Menschen erneuert haben, wenn der Genuß der Reichthümer Edens, selbi- ges etwa hätte verdunckeln wollen, wenn nur die Menschen sich des Anblicks dessel- ben nicht hätten gar zu bald unwürdig ge- macht.
§. 11.
Könnte ich dieses etwas wahrscheinli-Absicht einiger Umstände des ver- bothenen Baums. cher machen; so könnte ich auch noch eini- ge Ursachen anführen, warum GOtt auf diesem Baume zwar äusserlich schöne, sonst aber höchst ungesegnete Früchte hätte wach- sen lassen, und warum GOTT verbothen denselben anzurühren? Denn nichts hätte dem ersten Menschen die Sünde und ihre betrübte Folgen lebhaffter abmahlen kön-
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ins Gedaͤchtniß gebracht haben. Beſon- ders wuͤrde das Andencken GOttes da- durch bey ihnen jederzeit recht lebhafft blie- ben ſeyn. Denn man erwegt die Unter- thaͤnigkeit gegen ſeinen Ober-Herren alle- zeit ehender bey ſeinen Verbothen und Ein- ſchraͤnckungen unſerer Begierden, als bey einer gluͤcklichen Ruhe und Uberfluß an al- lerley Guͤtern, deren man durch ſeine wei- ſe Regierung genieſſet. Und eben ſo wuͤrde dieſer Baum das Andencken GOttes bey den erſten Menſchen erneuert haben, wenn der Genuß der Reichthuͤmer Edens, ſelbi- ges etwa haͤtte verdunckeln wollen, wenn nur die Menſchen ſich des Anblicks deſſel- ben nicht haͤtten gar zu bald unwuͤrdig ge- macht.
§. 11.
Koͤnnte ich dieſes etwas wahrſcheinli-Abſicht einiger Umſtaͤnde des ver- bothenen Baums. cher machen; ſo koͤnnte ich auch noch eini- ge Urſachen anfuͤhren, warum GOtt auf dieſem Baume zwar aͤuſſerlich ſchoͤne, ſonſt aber hoͤchſt ungeſegnete Fruͤchte haͤtte wach- ſen laſſen, und warum GOTT verbothen denſelben anzuruͤhren? Denn nichts haͤtte dem erſten Menſchen die Suͤnde und ihre betruͤbte Folgen lebhaffter abmahlen koͤn-
nen,
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[237[233]/0269]
ins Gedaͤchtniß gebracht haben. Beſon-
ders wuͤrde das Andencken GOttes da-
durch bey ihnen jederzeit recht lebhafft blie-
ben ſeyn. Denn man erwegt die Unter-
thaͤnigkeit gegen ſeinen Ober-Herren alle-
zeit ehender bey ſeinen Verbothen und Ein-
ſchraͤnckungen unſerer Begierden, als bey
einer gluͤcklichen Ruhe und Uberfluß an al-
lerley Guͤtern, deren man durch ſeine wei-
ſe Regierung genieſſet. Und eben ſo wuͤrde
dieſer Baum das Andencken GOttes bey
den erſten Menſchen erneuert haben, wenn
der Genuß der Reichthuͤmer Edens, ſelbi-
ges etwa haͤtte verdunckeln wollen, wenn
nur die Menſchen ſich des Anblicks deſſel-
ben nicht haͤtten gar zu bald unwuͤrdig ge-
macht.
§. 11.
Koͤnnte ich dieſes etwas wahrſcheinli-
cher machen; ſo koͤnnte ich auch noch eini-
ge Urſachen anfuͤhren, warum GOtt auf
dieſem Baume zwar aͤuſſerlich ſchoͤne, ſonſt
aber hoͤchſt ungeſegnete Fruͤchte haͤtte wach-
ſen laſſen, und warum GOTT verbothen
denſelben anzuruͤhren? Denn nichts haͤtte
dem erſten Menſchen die Suͤnde und ihre
betruͤbte Folgen lebhaffter abmahlen koͤn-
nen,
Abſicht
einiger
Umſtaͤnde
des ver-
bothenen
Baums.
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 237[233]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/269>, abgerufen am 21.11.2024.
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