Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite





nunft ausgezieret werden. Die Ursach
also, warum der Schöpfer nicht allen
Geistern einen so hohen Verstand gege-
ben, daß sie vor allen Jrrthum und aller
bösen Lust wären sicher gewesen, liegt dar-
inne, daß auch keine Allmacht zureicht
alle Geister mit gleichen Kräften auszu-
rüsten, und es also nothwendig ist, daß
einige nur einen niedrigen Grad der Ein-
sicht bekommen, wenn sie anders nicht
ewig in dem Nichts sollen verborgen blei-
ben. Hierbey aber entstehen zwey andere
Fragen. Die erste ist: warum GOtt
den Menschen dieser Erden und den
Teufeln,
welche ich hinfüro mit einem
Nahmen die gefallenen Geister nennen
will, den geringern Grad der Ver-
nunft nur gegönnet, und selbige
nicht zu den höchsten Geistern ge-
macht?
Die zweyte Frage ist: warum
GOtt die freyen Geschöpfe, von wel-
chen er vorher gesehen, daß sie bey
ihrer geringern Einsicht unseeligen
Begierden nachgeben würden, nicht
in dem Nichts gelassen, und an de-
ren Stelle noch andere Geister vom
höheren Range gesetzet?

§. 17.

Was die erste Frage betrift, so scheinetGott hat
den gefal-
lenen

selbige eben so beschaffen zu seyn, als wenn

jemand
U





nunft ausgezieret werden. Die Urſach
alſo, warum der Schoͤpfer nicht allen
Geiſtern einen ſo hohen Verſtand gege-
ben, daß ſie vor allen Jrrthum und aller
boͤſen Luſt waͤren ſicher geweſen, liegt dar-
inne, daß auch keine Allmacht zureicht
alle Geiſter mit gleichen Kraͤften auszu-
ruͤſten, und es alſo nothwendig iſt, daß
einige nur einen niedrigen Grad der Ein-
ſicht bekommen, wenn ſie anders nicht
ewig in dem Nichts ſollen verborgen blei-
ben. Hierbey aber entſtehen zwey andere
Fragen. Die erſte iſt: warum GOtt
den Menſchen dieſer Erden und den
Teufeln,
welche ich hinfuͤro mit einem
Nahmen die gefallenen Geiſter nennen
will, den geringern Grad der Ver-
nunft nur gegoͤnnet, und ſelbige
nicht zu den hoͤchſten Geiſtern ge-
macht?
Die zweyte Frage iſt: warum
GOtt die freyen Geſchoͤpfe, von wel-
chen er vorher geſehen, daß ſie bey
ihrer geringern Einſicht unſeeligen
Begierden nachgeben wuͤrden, nicht
in dem Nichts gelaſſen, und an de-
ren Stelle noch andere Geiſter vom
hoͤheren Range geſetzet?

§. 17.

Was die erſte Frage betrift, ſo ſcheinetGott hat
den gefal-
lenen

ſelbige eben ſo beſchaffen zu ſeyn, als wenn

jemand
U
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0337" n="305[301]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
nunft ausgezieret werden. Die Ur&#x017F;ach<lb/>
al&#x017F;o, warum der Scho&#x0364;pfer nicht allen<lb/>
Gei&#x017F;tern einen &#x017F;o hohen Ver&#x017F;tand gege-<lb/>
ben, daß &#x017F;ie vor allen Jrrthum und aller<lb/>
bo&#x0364;&#x017F;en Lu&#x017F;t wa&#x0364;ren &#x017F;icher gewe&#x017F;en, liegt dar-<lb/>
inne, daß auch keine Allmacht zureicht<lb/>
alle Gei&#x017F;ter mit gleichen Kra&#x0364;ften auszu-<lb/>
ru&#x0364;&#x017F;ten, und es al&#x017F;o nothwendig i&#x017F;t, daß<lb/>
einige nur einen niedrigen Grad der Ein-<lb/>
&#x017F;icht bekommen, wenn &#x017F;ie anders nicht<lb/>
ewig in dem Nichts &#x017F;ollen verborgen blei-<lb/>
ben. Hierbey aber ent&#x017F;tehen zwey andere<lb/>
Fragen. Die er&#x017F;te i&#x017F;t: <hi rendition="#fr">warum GOtt<lb/>
den Men&#x017F;chen die&#x017F;er Erden und den<lb/>
Teufeln,</hi> welche ich hinfu&#x0364;ro mit einem<lb/>
Nahmen die gefallenen Gei&#x017F;ter nennen<lb/>
will, <hi rendition="#fr">den geringern Grad der Ver-<lb/>
nunft nur gego&#x0364;nnet, und &#x017F;elbige<lb/>
nicht zu den ho&#x0364;ch&#x017F;ten Gei&#x017F;tern ge-<lb/>
macht?</hi> Die zweyte Frage i&#x017F;t: <hi rendition="#fr">warum<lb/>
GOtt die freyen Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe, von wel-<lb/>
chen er vorher ge&#x017F;ehen, daß &#x017F;ie bey<lb/>
ihrer geringern Ein&#x017F;icht un&#x017F;eeligen<lb/>
Begierden nachgeben wu&#x0364;rden, nicht<lb/>
in dem Nichts gela&#x017F;&#x017F;en, und an de-<lb/>
ren Stelle noch andere Gei&#x017F;ter vom<lb/>
ho&#x0364;heren Range ge&#x017F;etzet?</hi></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 17.</head><lb/>
            <p>Was die er&#x017F;te Frage betrift, &#x017F;o &#x017F;cheinet<note place="right">Gott hat<lb/>
den gefal-<lb/>
lenen</note><lb/>
&#x017F;elbige eben &#x017F;o be&#x017F;chaffen zu &#x017F;eyn, als wenn<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U</fw><fw place="bottom" type="catch">jemand</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[305[301]/0337] nunft ausgezieret werden. Die Urſach alſo, warum der Schoͤpfer nicht allen Geiſtern einen ſo hohen Verſtand gege- ben, daß ſie vor allen Jrrthum und aller boͤſen Luſt waͤren ſicher geweſen, liegt dar- inne, daß auch keine Allmacht zureicht alle Geiſter mit gleichen Kraͤften auszu- ruͤſten, und es alſo nothwendig iſt, daß einige nur einen niedrigen Grad der Ein- ſicht bekommen, wenn ſie anders nicht ewig in dem Nichts ſollen verborgen blei- ben. Hierbey aber entſtehen zwey andere Fragen. Die erſte iſt: warum GOtt den Menſchen dieſer Erden und den Teufeln, welche ich hinfuͤro mit einem Nahmen die gefallenen Geiſter nennen will, den geringern Grad der Ver- nunft nur gegoͤnnet, und ſelbige nicht zu den hoͤchſten Geiſtern ge- macht? Die zweyte Frage iſt: warum GOtt die freyen Geſchoͤpfe, von wel- chen er vorher geſehen, daß ſie bey ihrer geringern Einſicht unſeeligen Begierden nachgeben wuͤrden, nicht in dem Nichts gelaſſen, und an de- ren Stelle noch andere Geiſter vom hoͤheren Range geſetzet? §. 17. Was die erſte Frage betrift, ſo ſcheinet ſelbige eben ſo beſchaffen zu ſeyn, als wenn jemand Gott hat den gefal- lenen U

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/337
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 305[301]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/337>, abgerufen am 24.11.2024.