Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.Folgen derselben aufheben wollen, so wür- den die Menschen noch mehr, als jetzo ge- schiehet, auf den Wahn gerathen seyn: Das heiligste Wesen sey gantz gleich- gültig bey dem Verhalten der freien Geister, und achte die Ordnung und Vollkommenheit in dem Zusammen- hang der freien Handlungen sehr wenig. Dieses Vorurtheil aber würde ihr Gewissen bey den Lastern in die gefähr- lichste Sicherheit gesetzt haben. Da GOtt aber selbst eine Gnugthuung veran- staltet, so erhellet recht, daß seine Heiligkeit unendlich und er sich auch um die Ordnung und Schönheit der geringsten Dinge be- kümmere. Es wird dadurch offenbahr, wie sehr ihm die Sünden entgegen, indem er sie nicht einmahl schencken wollen, ohne der gantzen Welt auf die nachdrücklichste Art zu zeigen, was die Sünden wehrt sind. Kan ein Vernünftiger hieraus einen an- dern Schluß ziehen als diesen? Jst GOtt den Sünden so zuwider, hasset er selbige dergestalt, daß er auch die begangenen Sünden nicht einmahl nach einer blossen Reue vergeben, sondern seinen unendlichen Abscheu für dieselben, durch die mercklich- ste Probe zeigen wollen, so muß auch ich der Sünden absterben, wenn ich anders in einer seel. Gemeinschaft mit diesem heilig- sten Wesen leben will. Siehet GOtt der- gestalt
Folgen derſelben aufheben wollen, ſo wuͤr- den die Menſchen noch mehr, als jetzo ge- ſchiehet, auf den Wahn gerathen ſeyn: Das heiligſte Weſen ſey gantz gleich- guͤltig bey dem Verhalten der freien Geiſter, und achte die Ordnung und Vollkommenheit in dem Zuſammen- hang der freien Handlungen ſehr wenig. Dieſes Vorurtheil aber wuͤrde ihr Gewiſſen bey den Laſtern in die gefaͤhr- lichſte Sicherheit geſetzt haben. Da GOtt aber ſelbſt eine Gnugthuung veran- ſtaltet, ſo erhellet recht, daß ſeine Heiligkeit unendlich und er ſich auch um die Ordnung und Schoͤnheit der geringſten Dinge be- kuͤmmere. Es wird dadurch offenbahr, wie ſehr ihm die Suͤnden entgegen, indem er ſie nicht einmahl ſchencken wollen, ohne der gantzen Welt auf die nachdruͤcklichſte Art zu zeigen, was die Suͤnden wehrt ſind. Kan ein Vernuͤnftiger hieraus einen an- dern Schluß ziehen als dieſen? Jſt GOtt den Suͤnden ſo zuwider, haſſet er ſelbige dergeſtalt, daß er auch die begangenen Suͤnden nicht einmahl nach einer bloſſen Reue vergeben, ſondern ſeinen unendlichen Abſcheu fuͤr dieſelben, durch die mercklich- ſte Probe zeigen wollen, ſo muß auch ich der Suͤnden abſterben, wenn ich anders in einer ſeel. Gemeinſchaft mit dieſem heilig- ſten Weſen leben will. Siehet GOtt der- geſtalt
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Folgen derſelben aufheben wollen, ſo wuͤr-
den die Menſchen noch mehr, als jetzo ge-
ſchiehet, auf den Wahn gerathen ſeyn:
Das heiligſte Weſen ſey gantz gleich-
guͤltig bey dem Verhalten der freien
Geiſter, und achte die Ordnung und
Vollkommenheit in dem Zuſammen-
hang der freien Handlungen ſehr
wenig. Dieſes Vorurtheil aber wuͤrde
ihr Gewiſſen bey den Laſtern in die gefaͤhr-
lichſte Sicherheit geſetzt haben. Da
GOtt aber ſelbſt eine Gnugthuung veran-
ſtaltet, ſo erhellet recht, daß ſeine Heiligkeit
unendlich und er ſich auch um die Ordnung
und Schoͤnheit der geringſten Dinge be-
kuͤmmere. Es wird dadurch offenbahr,
wie ſehr ihm die Suͤnden entgegen, indem
er ſie nicht einmahl ſchencken wollen, ohne
der gantzen Welt auf die nachdruͤcklichſte
Art zu zeigen, was die Suͤnden wehrt ſind.
Kan ein Vernuͤnftiger hieraus einen an-
dern Schluß ziehen als dieſen? Jſt GOtt
den Suͤnden ſo zuwider, haſſet er ſelbige
dergeſtalt, daß er auch die begangenen
Suͤnden nicht einmahl nach einer bloſſen
Reue vergeben, ſondern ſeinen unendlichen
Abſcheu fuͤr dieſelben, durch die mercklich-
ſte Probe zeigen wollen, ſo muß auch ich
der Suͤnden abſterben, wenn ich anders in
einer ſeel. Gemeinſchaft mit dieſem heilig-
ſten Weſen leben will. Siehet GOtt der-
geſtalt
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