Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.Es fallen also bey ihnen viele von denen Ursachen hinweg, welche uns Europäer nöthigen, uns auch bißweilen der Herrr- schafft eines harten Ober-Herrens zu un- terwerffen. Denn bey uns sind alle Plä- tze besetzet, und hält es schwehr an frem- den Orten unter zu kommen. Wir ha- ben Aecker, Häuser, Gärten, ausstehende Gelder, welche wir nicht gerne verlassen wollen. Jene aber haben in den grossen Wäldern und Einöden Raum genug sich von einander zu trennen, sie haben kein Geld, kein Land und keine schöne Häuser, welche sie könten zurück halten und nöthi- gen, sich nachdem Willen anderer zu rich- ten. Woher kommt es denn aber, daß sie gesellig sind und bey einander bleiben, und kleinen Königen gehorchen? Jch muthmasse, daß nebst andern Ursachen auch das grosse Unvermögen, mit welchem wir gebohren werden, vieles dazu beyträget. Dieses nöthiget sie bis ins vierdte, ja zwölffte Jahr ihrer Eltern und Freunde Liebe und Ge- wogenheit zu geniessen. Dieses erwecket in ihnen eine besondere und unvermerckte Lie- be gegen den Ort und die Gesellschafft, in wel- cher sie von der zartesten Kindheit an so viel gutes genossen. Und wenn sie denn gleich
Es fallen alſo bey ihnen viele von denen Urſachen hinweg, welche uns Europaͤer noͤthigen, uns auch bißweilen der Herrr- ſchafft eines harten Ober-Herrens zu un- terwerffen. Denn bey uns ſind alle Plaͤ- tze beſetzet, und haͤlt es ſchwehr an frem- den Orten unter zu kommen. Wir ha- ben Aecker, Haͤuſer, Gaͤrten, ausſtehende Gelder, welche wir nicht gerne verlaſſen wollen. Jene aber haben in den groſſen Waͤldern und Einoͤden Raum genug ſich von einander zu trennen, ſie haben kein Geld, kein Land und keine ſchoͤne Haͤuſer, welche ſie koͤnten zuruͤck halten und noͤthi- gen, ſich nachdem Willen anderer zu rich- ten. Woher kommt es denn aber, daß ſie geſellig ſind und bey einander bleiben, und kleinen Koͤnigen gehorchen? Jch muthmaſſe, daß nebſt andern Urſachen auch das groſſe Unvermoͤgen, mit welchem wir gebohren werden, vieles dazu beytraͤget. Dieſes noͤthiget ſie bis ins vierdte, ja zwoͤlffte Jahr ihrer Eltern und Freunde Liebe und Ge- wogenheit zu genieſſen. Dieſes erwecket in ihnen eine beſondere und unvermerckte Lie- be gegen den Ort und die Geſellſchafft, in wel- cher ſie von der zarteſten Kindheit an ſo viel gutes genoſſen. Und wenn ſie denn gleich
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Es fallen alſo bey ihnen viele von denen
Urſachen hinweg, welche uns Europaͤer
noͤthigen, uns auch bißweilen der Herrr-
ſchafft eines harten Ober-Herrens zu un-
terwerffen. Denn bey uns ſind alle Plaͤ-
tze beſetzet, und haͤlt es ſchwehr an frem-
den Orten unter zu kommen. Wir ha-
ben Aecker, Haͤuſer, Gaͤrten, ausſtehende
Gelder, welche wir nicht gerne verlaſſen
wollen. Jene aber haben in den groſſen
Waͤldern und Einoͤden Raum genug ſich
von einander zu trennen, ſie haben kein
Geld, kein Land und keine ſchoͤne Haͤuſer,
welche ſie koͤnten zuruͤck halten und noͤthi-
gen, ſich nachdem Willen anderer zu rich-
ten. Woher kommt es denn aber, daß ſie
geſellig ſind und bey einander bleiben, und
kleinen Koͤnigen gehorchen? Jch muthmaſſe,
daß nebſt andern Urſachen auch das groſſe
Unvermoͤgen, mit welchem wir gebohren
werden, vieles dazu beytraͤget. Dieſes
noͤthiget ſie bis ins vierdte, ja zwoͤlffte Jahr
ihrer Eltern und Freunde Liebe und Ge-
wogenheit zu genieſſen. Dieſes erwecket in
ihnen eine beſondere und unvermerckte Lie-
be gegen den Ort und die Geſellſchafft, in wel-
cher ſie von der zarteſten Kindheit an ſo
viel gutes genoſſen. Und wenn ſie denn
gleich
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