Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.Weil es auch keine Vernunfft habe, sey der Cörper nicht geschickt so vielerley Bewe- gungen zu machen als der menschliche Cör- per, u. brauche also auch zu seinen Bewegun- gen nicht so viel Gehirn. Dem sey nun, wie wie ihm wolle, so können wir doch aus den Vollkommenheiten GOttes versichert seyn: der Mensch müsse weit mehr Gehirn vonnö- then haben als ein Thier, denn sonst würde er es ihm nicht gegeben haben. Jst diesem aber also; so folgt von selbsten, daß der Mensch müsse einen grossen Kopff und eine weitläuff- tige Hirn-Schaale haben. Hätte nun dieser Kopff gleich gantz um sich herum eine run- de und feste Hirn-Schaale, und könte also gar nicht ein wenig zusammen gedruckt werden, so würde die Geburth weit be- schwehrlicher und gefährlicher werden, als so geschiehet, ja öffters würde sie gar un- möglich seyn. Wäre ferner der Kopff der Kinder bey der Geburth schon geschlos- sen, so würden die Knochen sich bey dem Wachsthum des Kindes nicht wohl und so starck können aus einander dehnen, als bey ihrer offenen Hirn-Schaale geschiehet. Denn da selbige insgemein über ein Jahr offen bleibet, so kann das Gehirn starck wach- sen, sich ausbreiten und die noch eintzelnen Stücke
Weil es auch keine Vernunfft habe, ſey der Coͤrper nicht geſchickt ſo vielerley Bewe- gungen zu machen als der menſchliche Coͤr- per, u. brauche alſo auch zu ſeinen Bewegun- gen nicht ſo viel Gehirn. Dem ſey nun, wie wie ihm wolle, ſo koͤnnen wir doch aus den Vollkommenheiten GOttes verſichert ſeyn: der Menſch muͤſſe weit mehr Gehirn vonnoͤ- then haben als ein Thier, denn ſonſt wuͤrde er es ihm nicht gegeben haben. Jſt dieſem aber alſo; ſo folgt von ſelbſten, daß der Menſch muͤſſe einen groſſen Kopff und eine weitlaͤuff- tige Hirn-Schaale haben. Haͤtte nun dieſer Kopff gleich gantz um ſich herum eine run- de und feſte Hirn-Schaale, und koͤnte alſo gar nicht ein wenig zuſammen gedruckt werden, ſo wuͤrde die Geburth weit be- ſchwehrlicher und gefaͤhrlicher werden, als ſo geſchiehet, ja oͤffters wuͤrde ſie gar un- moͤglich ſeyn. Waͤre ferner der Kopff der Kinder bey der Geburth ſchon geſchloſ- ſen, ſo wuͤrden die Knochen ſich bey dem Wachsthum des Kindes nicht wohl und ſo ſtarck koͤnnen aus einander dehnen, als bey ihrer offenen Hirn-Schaale geſchiehet. Denn da ſelbige insgemein uͤber ein Jahr offen bleibet, ſo kann das Gehirn ſtarck wach- ſen, ſich ausbreiten und die noch eintzelnen Stuͤcke
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Weil es auch keine Vernunfft habe, ſey
der Coͤrper nicht geſchickt ſo vielerley Bewe-
gungen zu machen als der menſchliche Coͤr-
per, u. brauche alſo auch zu ſeinen Bewegun-
gen nicht ſo viel Gehirn. Dem ſey nun, wie
wie ihm wolle, ſo koͤnnen wir doch aus den
Vollkommenheiten GOttes verſichert ſeyn:
der Menſch muͤſſe weit mehr Gehirn vonnoͤ-
then haben als ein Thier, denn ſonſt wuͤrde er
es ihm nicht gegeben haben. Jſt dieſem aber
alſo; ſo folgt von ſelbſten, daß der Menſch
muͤſſe einen groſſen Kopff und eine weitlaͤuff-
tige Hirn-Schaale haben. Haͤtte nun dieſer
Kopff gleich gantz um ſich herum eine run-
de und feſte Hirn-Schaale, und koͤnte
alſo gar nicht ein wenig zuſammen gedruckt
werden, ſo wuͤrde die Geburth weit be-
ſchwehrlicher und gefaͤhrlicher werden, als
ſo geſchiehet, ja oͤffters wuͤrde ſie gar un-
moͤglich ſeyn. Waͤre ferner der Kopff
der Kinder bey der Geburth ſchon geſchloſ-
ſen, ſo wuͤrden die Knochen ſich bey dem
Wachsthum des Kindes nicht wohl und
ſo ſtarck koͤnnen aus einander dehnen, als
bey ihrer offenen Hirn-Schaale geſchiehet.
Denn da ſelbige insgemein uͤber ein Jahr
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