Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.Gründen. Jn den grösten und angenehm- sten Vergnügen, so aus irdischen Dingen entstehen, hat sie die Güte des HErrn gleich gemacht. Die aller angenehmsten und mehresten Belustigungen giebt bey ei- nem gesunden Verstande das Gesicht, das Gehör und die Sprache. Wir dörfen dieses auszumachen weiter nichts thun, als diese Frage an euch, geliebte Brüder, er- gehen lassen, ob wohl jemand unter uns seinen Verstand, Gesicht, Gehör und Spra- che für aller Welt Schätze lassen wollte? Ein König wird lieber seine Crone verlie- ren und sein Scepter einem andern geben, als jene Geschencke des Schöpfers fahren lassen. Diese edlen Geschencke aber sind Hohen und Niedrigen gleich gemein. Nie- mand setze mir entgegen: die Reichen und Hohen dieser Welt könnten ihr Gesicht und Gehör mit weit angenehmern Dingen wei- den als ein Geringer. Die angenehmsten Rührungen dieser Sinne sind gleichfalls ge- mein. Ueberlegt abermahls, welcher Em- pfindungen die Glücklichen dieser Erden am liebsten würden beraubt seyn. Wür- de wohl jemand sein Auge lieber in ein kostbar Zimmer einschliessen lassen, dassel- be D d 2
Gruͤnden. Jn den groͤſten und angenehm- ſten Vergnuͤgen, ſo aus irdiſchen Dingen entſtehen, hat ſie die Guͤte des HErrn gleich gemacht. Die aller angenehmſten und mehreſten Beluſtigungen giebt bey ei- nem geſunden Verſtande das Geſicht, das Gehoͤr und die Sprache. Wir doͤrfen dieſes auszumachen weiter nichts thun, als dieſe Frage an euch, geliebte Bruͤder, er- gehen laſſen, ob wohl jemand unter uns ſeinen Verſtand, Geſicht, Gehoͤr und Spra- che fuͤr aller Welt Schaͤtze laſſen wollte? Ein Koͤnig wird lieber ſeine Crone verlie- ren und ſein Scepter einem andern geben, als jene Geſchencke des Schoͤpfers fahren laſſen. Dieſe edlen Geſchencke aber ſind Hohen und Niedrigen gleich gemein. Nie- mand ſetze mir entgegen: die Reichen und Hohen dieſer Welt koͤnnten ihr Geſicht und Gehoͤr mit weit angenehmern Dingen wei- den als ein Geringer. Die angenehmſten Ruͤhrungen dieſer Sinne ſind gleichfalls ge- mein. Ueberlegt abermahls, welcher Em- pfindungen die Gluͤcklichen dieſer Erden am liebſten wuͤrden beraubt ſeyn. Wuͤr- de wohl jemand ſein Auge lieber in ein koſtbar Zimmer einſchlieſſen laſſen, daſſel- be D d 2
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Gruͤnden. Jn den groͤſten und angenehm-
ſten Vergnuͤgen, ſo aus irdiſchen Dingen
entſtehen, hat ſie die Guͤte des HErrn
gleich gemacht. Die aller angenehmſten
und mehreſten Beluſtigungen giebt bey ei-
nem geſunden Verſtande das Geſicht, das
Gehoͤr und die Sprache. Wir doͤrfen
dieſes auszumachen weiter nichts thun, als
dieſe Frage an euch, geliebte Bruͤder, er-
gehen laſſen, ob wohl jemand unter uns
ſeinen Verſtand, Geſicht, Gehoͤr und Spra-
che fuͤr aller Welt Schaͤtze laſſen wollte?
Ein Koͤnig wird lieber ſeine Crone verlie-
ren und ſein Scepter einem andern geben,
als jene Geſchencke des Schoͤpfers fahren
laſſen. Dieſe edlen Geſchencke aber ſind
Hohen und Niedrigen gleich gemein. Nie-
mand ſetze mir entgegen: die Reichen und
Hohen dieſer Welt koͤnnten ihr Geſicht und
Gehoͤr mit weit angenehmern Dingen wei-
den als ein Geringer. Die angenehmſten
Ruͤhrungen dieſer Sinne ſind gleichfalls ge-
mein. Ueberlegt abermahls, welcher Em-
pfindungen die Gluͤcklichen dieſer Erden
am liebſten wuͤrden beraubt ſeyn. Wuͤr-
de wohl jemand ſein Auge lieber in ein
koſtbar Zimmer einſchlieſſen laſſen, daſſel-
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Zitationshilfe: | Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/437>, abgerufen am 26.06.2024. |