dem andern in unzähligen Sätzen wider- spricht und die größte Dummheit vorwirft: allein so gar unbesonnen und abgeschmackt und lächerlich er ist, so herrschet er doch bey sehr vielen Gelehrten. Man kann sie durch nichts mehr beleidigen und aufbringen, als wenn man ihnen widerspricht und eines Jrrthums beschuldiget. Daher geschiehet es, daß auch diejenigen Gelehrten, die in der Christenheit erzogen worden, dennoch die Offenbarung ihren vorgefaßten Mei- nungen insgemein aufopfern. Einige zwin- gen und drehen aus dieser Ursache die Wor- te der Schrift so lange, bis sie mit ihrer Art zu denken übereinstimmet, und ande- re verwerfen sie ganz und gar, weil sie ihre für untrüglich gehaltene Sätze nicht darinne finden. Wie hätten nun jene heidnischen Philosophen sich so weit herun- ter lassen sollen, daß sie sich von den nie- drigen Bothen des Evangelii überwinden lassen und vor aller Welt bekannt hätten, daß sie Jrrende und armseelige Sünder wären? Dergleichen kann man von weni- nigen Gelehrten erwarten. Jndessen be- fördert doch ihre Gelehrsamkeit das Chri- stenthum, indem dadurch der Verstand und das Gefühl anderer verbessert wird, wel- che mit einem Theil ihrer Einsichten nicht allezeit ihrem Hochmuth erben. Wenn nämlich Wissenschaft und Künste in einem Lande blühen und in einigen Seelen ein
zärt-
dem andern in unzaͤhligen Saͤtzen wider- ſpricht und die groͤßte Dummheit vorwirft: allein ſo gar unbeſonnen und abgeſchmackt und laͤcherlich er iſt, ſo herrſchet er doch bey ſehr vielen Gelehrten. Man kann ſie durch nichts mehr beleidigen und aufbringen, als wenn man ihnen widerſpricht und eines Jrrthums beſchuldiget. Daher geſchiehet es, daß auch diejenigen Gelehrten, die in der Chriſtenheit erzogen worden, dennoch die Offenbarung ihren vorgefaßten Mei- nungen insgemein aufopfern. Einige zwin- gen und drehen aus dieſer Urſache die Wor- te der Schrift ſo lange, bis ſie mit ihrer Art zu denken uͤbereinſtimmet, und ande- re verwerfen ſie ganz und gar, weil ſie ihre fuͤr untruͤglich gehaltene Saͤtze nicht darinne finden. Wie haͤtten nun jene heidniſchen Philoſophen ſich ſo weit herun- ter laſſen ſollen, daß ſie ſich von den nie- drigen Bothen des Evangelii uͤberwinden laſſen und vor aller Welt bekannt haͤtten, daß ſie Jrrende und armſeelige Suͤnder waͤren? Dergleichen kann man von weni- nigen Gelehrten erwarten. Jndeſſen be- foͤrdert doch ihre Gelehrſamkeit das Chri- ſtenthum, indem dadurch der Verſtand und das Gefuͤhl anderer verbeſſert wird, wel- che mit einem Theil ihrer Einſichten nicht allezeit ihrem Hochmuth erben. Wenn naͤmlich Wiſſenſchaft und Kuͤnſte in einem Lande bluͤhen und in einigen Seelen ein
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dem andern in unzaͤhligen Saͤtzen wider-
ſpricht und die groͤßte Dummheit vorwirft:
allein ſo gar unbeſonnen und abgeſchmackt
und laͤcherlich er iſt, ſo herrſchet er doch bey
ſehr vielen Gelehrten. Man kann ſie durch
nichts mehr beleidigen und aufbringen, als
wenn man ihnen widerſpricht und eines
Jrrthums beſchuldiget. Daher geſchiehet
es, daß auch diejenigen Gelehrten, die in
der Chriſtenheit erzogen worden, dennoch
die Offenbarung ihren vorgefaßten Mei-
nungen insgemein aufopfern. Einige zwin-
gen und drehen aus dieſer Urſache die Wor-
te der Schrift ſo lange, bis ſie mit ihrer
Art zu denken uͤbereinſtimmet, und ande-
re verwerfen ſie ganz und gar, weil ſie
ihre fuͤr untruͤglich gehaltene Saͤtze nicht
darinne finden. Wie haͤtten nun jene
heidniſchen Philoſophen ſich ſo weit herun-
ter laſſen ſollen, daß ſie ſich von den nie-
drigen Bothen des Evangelii uͤberwinden
laſſen und vor aller Welt bekannt haͤtten,
daß ſie Jrrende und armſeelige Suͤnder
waͤren? Dergleichen kann man von weni-
nigen Gelehrten erwarten. Jndeſſen be-
foͤrdert doch ihre Gelehrſamkeit das Chri-
ſtenthum, indem dadurch der Verſtand und
das Gefuͤhl anderer verbeſſert wird, wel-
che mit einem Theil ihrer Einſichten nicht
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/118>, abgerufen am 21.11.2024.
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