Es ist dieses aber gar nicht wider die Ge- rechtigkeit und Liebe, weil dadurch grössere Uebel und Unbequemlichkeiten verhütet werden. Wäre es denn Liebe, wenn je- ner General die bezeichneten zwey Böse- wichter abwiese und ihnen Raum gäbe, Mörder zu werden, und hernach durch das Rad zu sterben, und zugleich andere, die nicht so böse sind, der Reizung zum Weglaufen und der Gefahr gehenket zu werden bloß setzte? Wäre es Liebe, wenn jene Vorsteher der Akademie die gemelde- ten Wächter wegnähmen, damit der Student sich daran nicht versündigen und in Strafe kommen möchte, aber eben da- durch der Gefahr noch grösserer Verge- hungen und härterer Bestrafungen über- lassen würde? Hieraus lässet sich denn auch die letzte Frage beantworten, ob man dürfe Böses thun, damit Gutes daraus entstehe? Jch halte dieses keinesweges für erlaubet. Jch glaube aber nicht, daß der- jenige etwas Böses thue, der in einer Ge- sellschaft, worinne nicht alles Böse geho- ben werden kann, solche Einrichtungen macht, bey welchen das wenigste Böse ge- schiehet, und die wenigste Bestrafung nö- thig ist. Es streitet nicht mit Gerechtigkeit und Liebe, muthwillige und lasterhafte Triebe, die sich durch keine weisen Mittel wollen bessern lassen, von gröbern und schädlichern Ausbrüchen zurück zu ziehen,
und
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Es iſt dieſes aber gar nicht wider die Ge- rechtigkeit und Liebe, weil dadurch groͤſſere Uebel und Unbequemlichkeiten verhuͤtet werden. Waͤre es denn Liebe, wenn je- ner General die bezeichneten zwey Boͤſe- wichter abwieſe und ihnen Raum gaͤbe, Moͤrder zu werden, und hernach durch das Rad zu ſterben, und zugleich andere, die nicht ſo boͤſe ſind, der Reizung zum Weglaufen und der Gefahr gehenket zu werden bloß ſetzte? Waͤre es Liebe, wenn jene Vorſteher der Akademie die gemelde- ten Waͤchter wegnaͤhmen, damit der Student ſich daran nicht verſuͤndigen und in Strafe kommen moͤchte, aber eben da- durch der Gefahr noch groͤſſerer Verge- hungen und haͤrterer Beſtrafungen uͤber- laſſen wuͤrde? Hieraus laͤſſet ſich denn auch die letzte Frage beantworten, ob man duͤrfe Boͤſes thun, damit Gutes daraus entſtehe? Jch halte dieſes keinesweges fuͤr erlaubet. Jch glaube aber nicht, daß der- jenige etwas Boͤſes thue, der in einer Ge- ſellſchaft, worinne nicht alles Boͤſe geho- ben werden kann, ſolche Einrichtungen macht, bey welchen das wenigſte Boͤſe ge- ſchiehet, und die wenigſte Beſtrafung noͤ- thig iſt. Es ſtreitet nicht mit Gerechtigkeit und Liebe, muthwillige und laſterhafte Triebe, die ſich durch keine weiſen Mittel wollen beſſern laſſen, von groͤbern und ſchaͤdlichern Ausbruͤchen zuruͤck zu ziehen,
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Es iſt dieſes aber gar nicht wider die Ge-
rechtigkeit und Liebe, weil dadurch groͤſſere
Uebel und Unbequemlichkeiten verhuͤtet
werden. Waͤre es denn Liebe, wenn je-
ner General die bezeichneten zwey Boͤſe-
wichter abwieſe und ihnen Raum gaͤbe,
Moͤrder zu werden, und hernach durch
das Rad zu ſterben, und zugleich andere,
die nicht ſo boͤſe ſind, der Reizung zum
Weglaufen und der Gefahr gehenket zu
werden bloß ſetzte? Waͤre es Liebe, wenn
jene Vorſteher der Akademie die gemelde-
ten Waͤchter wegnaͤhmen, damit der
Student ſich daran nicht verſuͤndigen und
in Strafe kommen moͤchte, aber eben da-
durch der Gefahr noch groͤſſerer Verge-
hungen und haͤrterer Beſtrafungen uͤber-
laſſen wuͤrde? Hieraus laͤſſet ſich denn
auch die letzte Frage beantworten, ob man
duͤrfe Boͤſes thun, damit Gutes daraus
entſtehe? Jch halte dieſes keinesweges fuͤr
erlaubet. Jch glaube aber nicht, daß der-
jenige etwas Boͤſes thue, der in einer Ge-
ſellſchaft, worinne nicht alles Boͤſe geho-
ben werden kann, ſolche Einrichtungen
macht, bey welchen das wenigſte Boͤſe ge-
ſchiehet, und die wenigſte Beſtrafung noͤ-
thig iſt. Es ſtreitet nicht mit Gerechtigkeit
und Liebe, muthwillige und laſterhafte
Triebe, die ſich durch keine weiſen Mittel
wollen beſſern laſſen, von groͤbern und
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/217>, abgerufen am 28.11.2024.
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