Schrift lehret, bestreiten. Sie schliessen: Gott bringet das Beste hervor. Selbi- ges darf nicht geändert werden, wenn nicht etwas schlechteres erfolgen soll. Die beste Welt leidet derowegen keine Wun- derwerke und keine so grosse Verwande- lungen, als die Offenbahrung der Chri- sten lehret. Wir können diesem Schlusse nicht allen Schein absprechen. Derselbe verschwindet aber, so bald man bedenket, daß bey einer Sache, die ihre Vollkom- menheit nicht auf einmahl, sondern nach und nach erreichet, nicht immer eben das- selbe das Beste sey. Wer wollte wol be- haupten, daß einerley Erziehung eines jungen Menschen immer die beste sey? Muß man selbige nicht anders einrichten in der Kindheit, und anders bey zuneh- menden Jahren und Verstande? Wer wird bejahen, daß bey einem Volke einer- ley Gesetze jederzeit die allerbesten bleiben? Ein Volk, welches noch ganz roh ist, erfordert andere Verordnungen, und wenn es gebauet ist, so müssen wieder andere Einrichtungen gemacht werden. Was zuerst die beste Einrichtung war, blei- bet bey einer geschehenen Veränderung nicht mehr die beste. Die Welt aber und die Völker, so diese Erde bewohnen, sind grossen Veränderungen unterworfen, wie die Erfahrung und Geschichte lehret. Wissenschaften, Künste und gute Sitten
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Schrift lehret, beſtreiten. Sie ſchlieſſen: Gott bringet das Beſte hervor. Selbi- ges darf nicht geaͤndert werden, wenn nicht etwas ſchlechteres erfolgen ſoll. Die beſte Welt leidet derowegen keine Wun- derwerke und keine ſo groſſe Verwande- lungen, als die Offenbahrung der Chri- ſten lehret. Wir koͤnnen dieſem Schluſſe nicht allen Schein abſprechen. Derſelbe verſchwindet aber, ſo bald man bedenket, daß bey einer Sache, die ihre Vollkom- menheit nicht auf einmahl, ſondern nach und nach erreichet, nicht immer eben daſ- ſelbe das Beſte ſey. Wer wollte wol be- haupten, daß einerley Erziehung eines jungen Menſchen immer die beſte ſey? Muß man ſelbige nicht anders einrichten in der Kindheit, und anders bey zuneh- menden Jahren und Verſtande? Wer wird bejahen, daß bey einem Volke einer- ley Geſetze jederzeit die allerbeſten bleiben? Ein Volk, welches noch ganz roh iſt, erfordert andere Verordnungen, und wenn es gebauet iſt, ſo muͤſſen wieder andere Einrichtungen gemacht werden. Was zuerſt die beſte Einrichtung war, blei- bet bey einer geſchehenen Veraͤnderung nicht mehr die beſte. Die Welt aber und die Voͤlker, ſo dieſe Erde bewohnen, ſind groſſen Veraͤnderungen unterworfen, wie die Erfahrung und Geſchichte lehret. Wiſſenſchaften, Kuͤnſte und gute Sitten
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Schrift lehret, beſtreiten. Sie ſchlieſſen:
Gott bringet das Beſte hervor. Selbi-
ges darf nicht geaͤndert werden, wenn
nicht etwas ſchlechteres erfolgen ſoll. Die
beſte Welt leidet derowegen keine Wun-
derwerke und keine ſo groſſe Verwande-
lungen, als die Offenbahrung der Chri-
ſten lehret. Wir koͤnnen dieſem Schluſſe
nicht allen Schein abſprechen. Derſelbe
verſchwindet aber, ſo bald man bedenket,
daß bey einer Sache, die ihre Vollkom-
menheit nicht auf einmahl, ſondern nach
und nach erreichet, nicht immer eben daſ-
ſelbe das Beſte ſey. Wer wollte wol be-
haupten, daß einerley Erziehung eines
jungen Menſchen immer die beſte ſey?
Muß man ſelbige nicht anders einrichten
in der Kindheit, und anders bey zuneh-
menden Jahren und Verſtande? Wer
wird bejahen, daß bey einem Volke einer-
ley Geſetze jederzeit die allerbeſten bleiben?
Ein Volk, welches noch ganz roh iſt,
erfordert andere Verordnungen, und wenn
es gebauet iſt, ſo muͤſſen wieder andere
Einrichtungen gemacht werden. Was
zuerſt die beſte Einrichtung war, blei-
bet bey einer geſchehenen Veraͤnderung
nicht mehr die beſte. Die Welt aber
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/22>, abgerufen am 03.12.2024.
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