der einander, daß eines das andere ein- schränket, und zu Zeiten die Sünde des einen eine Gelegenheit zu der Bekehrung eines andern wird. Kurz da diejenigen Mittel, welche die Weisheit Gottes für bequem gefunden, den ersten Vergehungen der freyen Geschöpfe entgegen zu setzen, ih- ren Zweck nicht erreichet, so schaffet er aus dem Bösen noch so viel Gutes als möglich. Jn dieser Absicht hat Gott die Tyranney eines Pharao auf die Jsraeliten fallen las- sen, um ihr Herz zu einer gehorsamen Verehrung des einigen Gottes zu bereiten. Er hat ihn ferner zu einem merklichen Exempel seiner Rache, das andere war- nen sollte, gesetzet. Er hat ihn aber kei- nesweges zu der Tyranney genöthiget, noch ihm die Gnade und Mittel versaget, wodurch er hätte ein wahrer Verehrer Got- tes, und ein Vater des Vaterlandes wer- den können, sondern Gott hat nur dieses harte Gemüth, von welchem er zum vor- aus sahe, daß es aus einer freyen Ent- schliessung alle göttliche Gnade und alle Mittel zu seiner Aenderung trotzig von sich stossen würde, an denjenigen Ort der Welt gesetzet, wo seine Härte und die ge- rechte Bestrafung derselben noch den meh- resten Nutzen schaffen können. An einem andern Orte würde seine Härte der Welt noch nachtheiliger gewesen seyn, und die Weisheit würde weniger Nutzen für das
gemei-
O 2
der einander, daß eines das andere ein- ſchraͤnket, und zu Zeiten die Suͤnde des einen eine Gelegenheit zu der Bekehrung eines andern wird. Kurz da diejenigen Mittel, welche die Weisheit Gottes fuͤr bequem gefunden, den erſten Vergehungen der freyen Geſchoͤpfe entgegen zu ſetzen, ih- ren Zweck nicht erreichet, ſo ſchaffet er aus dem Boͤſen noch ſo viel Gutes als moͤglich. Jn dieſer Abſicht hat Gott die Tyranney eines Pharao auf die Jſraeliten fallen laſ- ſen, um ihr Herz zu einer gehorſamen Verehrung des einigen Gottes zu bereiten. Er hat ihn ferner zu einem merklichen Exempel ſeiner Rache, das andere war- nen ſollte, geſetzet. Er hat ihn aber kei- nesweges zu der Tyranney genoͤthiget, noch ihm die Gnade und Mittel verſaget, wodurch er haͤtte ein wahrer Verehrer Got- tes, und ein Vater des Vaterlandes wer- den koͤnnen, ſondern Gott hat nur dieſes harte Gemuͤth, von welchem er zum vor- aus ſahe, daß es aus einer freyen Ent- ſchlieſſung alle goͤttliche Gnade und alle Mittel zu ſeiner Aenderung trotzig von ſich ſtoſſen wuͤrde, an denjenigen Ort der Welt geſetzet, wo ſeine Haͤrte und die ge- rechte Beſtrafung derſelben noch den meh- reſten Nutzen ſchaffen koͤnnen. An einem andern Orte wuͤrde ſeine Haͤrte der Welt noch nachtheiliger geweſen ſeyn, und die Weisheit wuͤrde weniger Nutzen fuͤr das
gemei-
O 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0231"n="211"/>
der einander, daß eines das andere ein-<lb/>ſchraͤnket, und zu Zeiten die Suͤnde des<lb/>
einen eine Gelegenheit zu der Bekehrung<lb/>
eines andern wird. Kurz da diejenigen<lb/>
Mittel, welche die Weisheit Gottes fuͤr<lb/>
bequem gefunden, den erſten Vergehungen<lb/>
der freyen Geſchoͤpfe entgegen zu ſetzen, ih-<lb/>
ren Zweck nicht erreichet, ſo ſchaffet er aus dem<lb/>
Boͤſen noch ſo viel Gutes als moͤglich.<lb/>
Jn dieſer Abſicht hat Gott die Tyranney<lb/>
eines Pharao auf die Jſraeliten fallen laſ-<lb/>ſen, um ihr Herz zu einer gehorſamen<lb/>
Verehrung des einigen Gottes zu bereiten.<lb/>
Er hat ihn ferner zu einem merklichen<lb/>
Exempel ſeiner Rache, das andere war-<lb/>
nen ſollte, geſetzet. Er hat ihn aber kei-<lb/>
nesweges zu der Tyranney genoͤthiget,<lb/>
noch ihm die Gnade und Mittel verſaget,<lb/>
wodurch er haͤtte ein wahrer Verehrer Got-<lb/>
tes, und ein Vater des Vaterlandes wer-<lb/>
den koͤnnen, ſondern Gott hat nur dieſes<lb/>
harte Gemuͤth, von welchem er zum vor-<lb/>
aus ſahe, daß es aus einer freyen Ent-<lb/>ſchlieſſung alle goͤttliche Gnade und alle<lb/>
Mittel zu ſeiner Aenderung trotzig von ſich<lb/>ſtoſſen wuͤrde, an denjenigen Ort der<lb/>
Welt geſetzet, wo ſeine Haͤrte und die ge-<lb/>
rechte Beſtrafung derſelben noch den meh-<lb/>
reſten Nutzen ſchaffen koͤnnen. An einem<lb/>
andern Orte wuͤrde ſeine Haͤrte der Welt<lb/>
noch nachtheiliger geweſen ſeyn, und die<lb/>
Weisheit wuͤrde weniger Nutzen fuͤr das<lb/><fwplace="bottom"type="sig">O 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">gemei-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[211/0231]
der einander, daß eines das andere ein-
ſchraͤnket, und zu Zeiten die Suͤnde des
einen eine Gelegenheit zu der Bekehrung
eines andern wird. Kurz da diejenigen
Mittel, welche die Weisheit Gottes fuͤr
bequem gefunden, den erſten Vergehungen
der freyen Geſchoͤpfe entgegen zu ſetzen, ih-
ren Zweck nicht erreichet, ſo ſchaffet er aus dem
Boͤſen noch ſo viel Gutes als moͤglich.
Jn dieſer Abſicht hat Gott die Tyranney
eines Pharao auf die Jſraeliten fallen laſ-
ſen, um ihr Herz zu einer gehorſamen
Verehrung des einigen Gottes zu bereiten.
Er hat ihn ferner zu einem merklichen
Exempel ſeiner Rache, das andere war-
nen ſollte, geſetzet. Er hat ihn aber kei-
nesweges zu der Tyranney genoͤthiget,
noch ihm die Gnade und Mittel verſaget,
wodurch er haͤtte ein wahrer Verehrer Got-
tes, und ein Vater des Vaterlandes wer-
den koͤnnen, ſondern Gott hat nur dieſes
harte Gemuͤth, von welchem er zum vor-
aus ſahe, daß es aus einer freyen Ent-
ſchlieſſung alle goͤttliche Gnade und alle
Mittel zu ſeiner Aenderung trotzig von ſich
ſtoſſen wuͤrde, an denjenigen Ort der
Welt geſetzet, wo ſeine Haͤrte und die ge-
rechte Beſtrafung derſelben noch den meh-
reſten Nutzen ſchaffen koͤnnen. An einem
andern Orte wuͤrde ſeine Haͤrte der Welt
noch nachtheiliger geweſen ſeyn, und die
Weisheit wuͤrde weniger Nutzen fuͤr das
gemei-
O 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/231>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.