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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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"die Ehe ein einziger (beständiger) Ehebruch
"genannt werde. Aller Schaam über der-
"gleichen Verbrechen ist verschwunden."
So schildert Seneca, ein heidnischer Welt-
weise, die Ehen seiner Zeit unter den Rö-
mern ab. Daß es bey den Juden nicht
besser hergegangen, erhellet sowol aus der
Frage, so dem Heilande wegen der Ehe-
scheidung vorgeleget worden, als auch aus
dem Exempel der Herodias *). Was
wird nun in diesen Umständen Eines Wei-
bes Mann
und Eines Mannes Weib
bedeuten? Gewiß nach den bösen Gewohn-
heiten der damaligen Zeit nichts anders,
als solche Personen, die sich von ihrem
Ehegatten nicht leichtsinniger Weise ge-
schieden und zu einem andern gelaufen.
Es ist hieran destoweniger zu zweifeln,
da die Römer denjenigen Eines Weibes
Mann
nannten, der sich von seiner Frau
nicht geschieden, und eine andere an ihre
Stelle genommen **).



Die
*) Matth. C. 19. v. 3-9. Cap. 14. v. 3. 4.
**) Clericus in Notis ad Hammondi Paraphra-
sin, ad 1 Tim. III.

„die Ehe ein einziger (beſtaͤndiger) Ehebruch
„genannt werde. Aller Schaam uͤber der-
„gleichen Verbrechen iſt verſchwunden.„
So ſchildert Seneca, ein heidniſcher Welt-
weiſe, die Ehen ſeiner Zeit unter den Roͤ-
mern ab. Daß es bey den Juden nicht
beſſer hergegangen, erhellet ſowol aus der
Frage, ſo dem Heilande wegen der Ehe-
ſcheidung vorgeleget worden, als auch aus
dem Exempel der Herodias *). Was
wird nun in dieſen Umſtaͤnden Eines Wei-
bes Mann
und Eines Mannes Weib
bedeuten? Gewiß nach den boͤſen Gewohn-
heiten der damaligen Zeit nichts anders,
als ſolche Perſonen, die ſich von ihrem
Ehegatten nicht leichtſinniger Weiſe ge-
ſchieden und zu einem andern gelaufen.
Es iſt hieran deſtoweniger zu zweifeln,
da die Roͤmer denjenigen Eines Weibes
Mann
nannten, der ſich von ſeiner Frau
nicht geſchieden, und eine andere an ihre
Stelle genommen **).



Die
*) Matth. C. 19. v. 3-9. Cap. 14. v. 3. 4.
**) Clericus in Notis ad Hammondi Paraphra-
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[336/0356] „die Ehe ein einziger (beſtaͤndiger) Ehebruch „genannt werde. Aller Schaam uͤber der- „gleichen Verbrechen iſt verſchwunden.„ So ſchildert Seneca, ein heidniſcher Welt- weiſe, die Ehen ſeiner Zeit unter den Roͤ- mern ab. Daß es bey den Juden nicht beſſer hergegangen, erhellet ſowol aus der Frage, ſo dem Heilande wegen der Ehe- ſcheidung vorgeleget worden, als auch aus dem Exempel der Herodias *). Was wird nun in dieſen Umſtaͤnden Eines Wei- bes Mann und Eines Mannes Weib bedeuten? Gewiß nach den boͤſen Gewohn- heiten der damaligen Zeit nichts anders, als ſolche Perſonen, die ſich von ihrem Ehegatten nicht leichtſinniger Weiſe ge- ſchieden und zu einem andern gelaufen. Es iſt hieran deſtoweniger zu zweifeln, da die Roͤmer denjenigen Eines Weibes Mann nannten, der ſich von ſeiner Frau nicht geſchieden, und eine andere an ihre Stelle genommen **). Die *) Matth. C. 19. v. 3-9. Cap. 14. v. 3. 4. **) Clericus in Notis ad Hammondi Paraphra- ſin, ad 1 Tim. III.

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/356>, abgerufen am 22.11.2024.